„Fast im gesamten Landkreis östlich der Röder wird Acker zu Förderfläche Fotovoltaik, dazu kommt ein Gebiet westlich der Röder von Rödern und Radeburg bis Bärwalde und ein Gebiet westlich von Volkersdorf und Bärnsdorf über den Friedewald bis nach Steinbach, “ – so berichteten wir auf raz24.info.
So richtig ernst genommen wurde das anfangs nicht, doch jetzt stehen die Investoren auf der Matte und ginge es nach ihnen, wäre demnächst eine Fläche mit Fotovoltaik bebaut, die ungefähr so groß ist, wie das gesamte „Gewerbegebiet Süd“.
Deshalb hat der Technische Ausschuss (TA) der Stadt Radeburg dem Stadtrat vorgeschlagen, die Flächen, die zur Verfügung gestellt werden sollen, zu begrenzen. Das Areal ist dennoch riesig. Der SachsenEnergie soll gestattet werden, westlich der A13 für einen 100 Meter breiten und sich ca. 800 Meter in Richtung Sportplatz erstreckenden Streifen einen B-Plan zu beantragen. Außerdem kann SachsenEnergie auf der östlichen Seite von der Autobahn, zwischen dem Umfluter und dem Feldweg Staussee – Waldrose, für ein ca. 300 Meter tiefes und ebenfalls ca. 800 Meter langes Stück einen B-Plan beantragen. Dort soll sie sich aber mit der Solar Energy Solutions GmbH Würzburg einigen, die eine ähnliche Gebietskulisse beantragt hat. „Es ist zwischen den Antragstellern Einvernehmen zu erzielen, wer die Überplanung der Flächen übernimmt und ein abgestimmter Antrag an den Stadtrat zu richten, in dem Gebietskulisse, Finanzierung der Planung und des Projekts vorab geklärt sind,“ heißt es in dem vom TA vorgeschlagenen und vom Stadtrat schließlich mit einer Enthaltung gefassten Beschluss.
Kommentar
von Klaus Kroemke
In der Diskussion zu dem Beschluss hatte Stadtrat René Eilke noch einmal die im Technischen Ausschuss schon angesprochenen Bedenken in Bezug auf die Großflächigkeit deutlich gemacht. Auch Bauamtsleiter Krönert bestätigte im persönlichen Gespräch Bedenken auch aus Sicht der Verwaltung.
Die Auswirkungen solcher Großanlagen auf die Umgebung sind noch wenig erforscht, was mit dem Voranpreschen der Bundesregierung beim Ausbau der so genannten „Erneuerbaren Energien“ wenig korreliert. Windkraft und eben PV-Anlagen werden durchgedrückt „um jeden Preis“. Warum? Das ist schwer verständlich, denn der Markenkern der Grünen, der sich dem Schutz des Planeten, der Umwelt, der Natur und der Artenvielfalt verschrieben hat, kann es nicht sein. In Bezug auf Windkraft halten sich, vorsichtig ausgedrückt, Zweifel am „grünen Charakter“ der Technologie hartnäckig. Aber sieht es denn mit großflächigen PV-Anlagen besser aus?
Solarparks aus Sicht von Klima-, Umwelt-, Natur- und Artenschutz
Ein zunehmendes, leider nicht ausreichend untersuchtes Problem ist die Frage, ob PV-Installationen einen „Wärmeinseleffekt“ (PVHI) verursachen, der die umliegenden Gebiete erwärmt und dadurch möglicherweise den Lebensraum von Wildtieren, die Funktion von Ökosystemen in der freien Natur sowie die menschliche Gesundheit und sogar den Wert von Häusern in Wohngebieten beeinflusst.
[Quelle: Pociask, S. & Fuhr, J. P. Jr. Progress Denied: A study on the potential economic impact of permitting challenges facing proposed energy projects (U.S. Chamber of Commerce, 2011).]
Große PV-Anlagen verursachen eine Landschaftsveränderung, da sie durch Solaroberflächen dunkler und damit weniger reflektierend ist. Die Rückstrahlung verringert sich um bis zu 20%.
Dies verändert die Energiebilanz der Absorption, Speicherung und Abgabe von kurz- und langwelliger Strahlung..
Damit verbundene Effekte sind
- PV-Installationen beschatten einen Teil des Bodens und reduzieren die Wärmeabsorption in den Oberflächenböden,
- PV-Paneele sind dünn und haben eine geringe Wärmekapazität pro Flächeneinheit, aber PV-Module strahlen sowohl nach oben als auch nach unten Wärmestrahlung ab, und dies ist besonders während des Tages von Bedeutung, wenn PV-Module oft 20 °C wärmer sind als die Umgebungstemperatur,
- PV-Paneele reflektieren und absorbieren aufsteigende langwellige Strahlung und können somit verhindern, dass der Boden so stark abkühlt, wie es gewöhnlich in der Nacht der Fall wäre.
[Quelle: Solecki, W. D. et al. Mitigation of the heat island effect in urban New Jersey. Environmental Hazards 6, 39–49, doi: 10.1016/j.hazards.2004.12.002 (2005).]; [Smith, S. D., Patten, D. T. & Monson, R. K. Effects of artificially imposed shade on a Sonoran Desert ecosystem: microclimate and vegetation. Journal of Arid Environments 13, 65–82 (1987).]
Es muss angenommen werden, dass diese Effekte klimaschädlich sind unter dem Gesichtspunkt, dass sie zur menschengemachten Erderwärmung beitragen anstatt sie zu verringern.
Einige Modelle deuten darauf hin, dass PV-Anlagen auch einen kühlenden Effekt auf die lokale Umgebung haben könnten. Diese Modelle (leider gibt es keine Studien) errechnen einen solchen Effekt aber auch nur für urbane Umgebungen.
Die bereits installierten großflächigen Anlagen in ländlicher Umgebung würden aber längst Studien möglich machen, die den einen oder anderen Effekt beweisen oder widerlegen könnten. Leider gibt es bisher dazu nur eine einzige Studie, die dabei auch unterschiedliche Umgebungsbedingungen berücksichtigt. Jedoch unabhängig von den Rahmenbedingungen lagen die Temperaturen im Bereich von PV-Anlagen um 4 Grad höher – oder sogar mehr.
Dies konterkariert ein von der Regierung gefordertes -1,5°-Ziel. Solange nicht präzisiere Studien ein anderes Ergebnis zeigen, sind derartige Anlagen dringend abzulehnen, zumal es Möglichkeiten der Energiegewinnung gibt, die weniger klimaschädlich sind und zugleich einen besseren Wirkungsgrad haben als PV-Anlagen (~25%).
[Quelle: Verivox: Wirkungsgrade von Energiewandlern (www.verivox.de/strom/themen/wirkungsgrad/)].
Diese Fakten habe ich im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung als „Anregung zum Vorentwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ‚Sondergebiet Agri-Photovoltaikanlage Radeburg‘ in der Fassung vom 18.03.2023 beim Bauamt eingereicht. Die Anregung wurde von 41 Personen aus Radeburg und 11 Personen aus der Umgebung mitgezeichnet und endet mit dem
Fazit: „Wir regen an, im Interesse des Klimaschutzes, des Umwelt-, Natur- und Artenschutzes auf diese und weitere Agri-Fotovoltaikanlagen auf dem Hoheitsgebiet der Stadt Radeburg zu verzichten, sofern die vorgetragenen wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse nicht widerlegt oder ausgeräumt sind. Wir regen weiter an, dazu im Rahmen einer Einwohnerversammlung mit den Investoren ins Gespräch zu kommen.“
Ich hoffe auf die Öffentlichkeit, seitens der Investoren auf Dialog und seitens des Stadtrates auf eine gesunde Skepsis, ehe möglicherweise großer Schaden entsteht und das Gegenteil von dem eintritt, was man erreichen wollte.
Download: im Rahmen der öffentlichen Beteiligung eingereichte Anregung (PDF - entspricht im Wesentlichen dem obigen Text)