Kinder klagen erfolgreich gegen Landkreis: 30 km/h in Rödern!

Wie jedem Fahrzeugführer im Radeburger Raum bekannt ist, gibt es auf der Staatsstraße 91 in Rödern so gut wie keine Fußwege. Die zuständige Untere Verkehrsbehörde, das Landratsamt Meißen, sah dennoch bisher keine Notwendigkeit, dauerhaft 30 km/h auf dieser Straße einzurichten. Dagegen hatten zwei Kinder erfolgreich geklagt.

Am letzten Schultag mussten die Kinder wieder aufgrund des zum Fahrbahnrand geschobenen Schnees direkt auf der Straße laufen.

Am letzten Schultag mussten die Kinder wieder aufgrund des zum Fahrbahnrand geschobenen Schnees direkt auf der Straße laufen, was die Situation besonders verschärft. Fotos: privat

Sie müssen zwei Mal am Tag auf ihrem Schulweg an dieser Straße von bzw. zur Bushaltestelle laufen. Sie haben am 23. Oktober 2024 in zweiter und letzter Instanz Recht bekommen.

Begründet hatte das Landratsamt seine Auffassung damit, dass bisher so gut wie keine  Unfälle hier passiert sind. Das Verwaltungsgericht Dresden kam zu derselben Auffassung, jedoch hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen diese Sichtweise kassiert und den klagenden Kindern Recht gegeben. Revision wird nicht zugelassen. Das am 23. Oktober 2024 gesprochene und am 15. Januar schriftlich mitgeteilte Urteil, das RAZ vorliegt, ist damit rechtskräftig. Die Kosten trägt der Landkreis Meißen – damit letztlich der Steuerzahler. Die am Haus der Kläger vorbeiführende Radeburger Straße ist als Staatsstraße 91 (S 91) eine wichtige regionale Verbindung im Landkreis Meißen zwischen Großenhain und dem Autobahnanschluss A13, die vor allem im Berufsverkehr stark frequentiert wird.

Dass auf einer so verkehrswichtigen Straße Kinder auf der Fahrbahn laufen müssen und sich Eltern deshalb um deren Gefährdung sorgen machen, ist ebenso verständlich wie das Anliegen der Verkehrsbehörde, auf den verkehrswichtigen Straßen einen flüssigen Verkehr zu ermöglichen. Das Landratsamt vertrat im Prozess den Standpunkt, dass es in Rödern auf dieser Straße bisher keine Unfälle mit Fußgängern gegeben habe. Es dürfe deshalb nicht willkürlich der Verkehr eingeschränkt werden. Diese Aussage, so richtig sie ist, löst regelmäßig Kopfschütteln aus: „Also muss es erst Tote geben?“ Das eigentliche Problem ist allerdings, dass es auch 30 Jahre nach der Wende noch nicht gelungen ist, so eine verkehrswichtige Straße mit einem sicheren Gehweg zu versehen.

Die Staatsstraße hat innerhalb der Ortslage eine Breite von 6 bis 6,5 m. Die Haltestelle Oberrödern nutzen die Kläger nicht, da hier aus Richtung Radeburg noch nicht einmal eine Aufstellmöglichkeit besteht und die Kinder bei Eintreffen des Busses von der anderen Straßenseite wechseln müssten. Deshalb nutzen sie die etwas weiter entfernte Haltestelle Niederrödern. Auf diesem Weg gibt es wenigstens teilweise durch abgesetzte Fahrbahnrandmarkierungen Notwegeflächen, aber sie sind erstens nicht durchgängig und aufgrund der straßennahen Bebauung teilweise nur 30 bis 40 cm breit. Teilweise muss auf einem Wiesenstreifen gelaufen werden. Bei winterlicher Witterung muss nahezu vollständig auf der Fahrbahn gelaufen werden (siehe Fotos).

Es bleibt unverständlich, warum die Untere Verkehrsbehörde hier auf entsprechende Hinweise und Bitten der Eltern der Kläger kein Verständnis gezeigt hat. In der Umgebung gibt es vergleichbare Situationen. Auf der S80 in Berbisdorf und an der S96 in Bärnsdorf ist dort, wo Fußwege fehlen ebenfalls 30 km/h angeordnet. Es sollten doch überall die gleichen Maßstäbe angesetzt werden. 
Der Vater der Kläger bekundete im Gespräch mit „RAZ“, dass es ihm auch Leid tue, dass künftig auch außerhalb der Zeiten, in denen Kinder unterwegs sind, 30 km/h eingehalten werden müssten. Im Prozess hatte man auch vorgeschlagen, so wie in Freitelsdorf, die Anordnung auf die relevanten Zeiten zu begrenzen.

Wann die Anordnung erfolgt, bleibt offen. RAZ hat der Unteren Verkehrsbehörde die Möglichkeit zur Stellungnahme zu diesem Beitrag gegeben. Diese verweist jedoch darauf, dass sie das äußerste Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision genutzt hat, welches den Vollzug der Maßnahme „hemmt“. 
Diese Form der Beschwerde gegen die Nichtzulassung ist beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Im Allgemeinen dauert die Verhandlung einer solchen Beschwerde mehrere Monate, kann aber auch ein Jahr oder länger dauern. Der Vorgang umfasst die Prüfung der Zulässigkeit, die Einholung von Stellungnahmen und ggf. Gutachten. Ob die Kläger während ihrer Schulzeit die Umsetzung der Anordnung noch erleben werden? Gewiss dürfte dagegen sein, dass ein durchgehender Fußweg in Rödern in absehbarer Zeit nicht gebaut wird.