Zu den Anfängen des Radeburger Posaunenchores schrieb im Jahr 2001 sein langjähriger Leiter Klaus Franke anlässlich des 70. Geburtstages des Posaunenchores:
Zwei junge Männer aus Radeburg, Rudolf Sommer und Konrad Kaubisch, besuchten Anfang der 30er Jahre das Internat der Oberschule in Bischofswerda. Sie kamen beide aus christlichen Elternhäusern, gehörten zur Christlichen Pfadfinderschaft. und waren musikalisch interessiert. Dies hatte zur Folge, dass sie Mitglieder des Bischofswerdaer Posaunenchores wurden. Als der Bruder von Rudolf Sommer, Johannes, den Chor bei einem Besuch hörte, war er so begeistert, dass man sich einig wurde so etwas sollte es in Radeburg auch geben.
Junge Männer hatten den Ruf „Lobet den Herrn mit Posaunen!" (Ps. 150,3) verstanden, setzten fortan alle Kraft ein und so wurde durch Geldspenden von Frau Sommer (für ihre Söhne) sowie durch zinslose Darlehen der Kirchgemeinde und einiger Kirchvorsteher (u.a. Bäckermeister Georg Deutscher und Drogist Erich Rothe) der Kauf von Blasinstrumenten aus Markneukirchen finanziert.
Als Gründungstag des Radeburger Posaunenchores gilt der 13. Juli 1931.“ - zitiert nach „Musik in Radeburg früher und heute“ – Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Radeburg.
"Ein Jahr nach der Gründung, im Jahr 1932, waren die ersten Klänge vom Kirchturm in Radeburg zu hören," berichtete Klaus Franke weiter. Dies mündete in die über viele Jahre anhaltende Tradition der Posaunenchor-Auftritte als „Turmbläser“.
Was der 2013 verstorbene Klaus Franke, der den Chor von 1967 bis 2008 leitete, nicht mehr erlebte, war die Aufnahme des Bläserensembles „Posaunenchor“ in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes durch die deutsche UNESCO-Kommission, wie sein Nachfolger Tobias Hein im gleichen Heft der Schriftenreihe schreibt.
5 Jahre später nun das Jubiläum. Für die Autoren des Gemeindebriefes „Kirchenfenster“ war das ein Anlass, für die aktuelle Ausgabe Mitglieder des Posaunenchores zu befragen, was sie trotz vielfältiger anderer Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung zum gemeinsamen Musizieren motiviert. Hier die Auskünfte der kirchlichen Musikanten:
„Ich wollte schon als kleines Kind immer "Blaser" (kein Schreibfehler ;-) werden, wie mir meine Eltern später gesagt haben. Mit 10 Jahren habe ich dann 1969 bei der Kantorin von Medingen begonnen Trompete zu erlernen. Von 1970 bis 1989 habe ich im Posaunenchor Medingen-Großdittmannsdorf gespielt und seit 1989 nunmehr in Radeburg.“ (Volker Partzsch)
„Vor 10 Jahren lobte ich den damaligen Chorleiter Tobias Hein für einen schönen Bläserauftritt des Posaunenchores zum Heiligen Abend. Nach der „Bejahung“, ob ich Noten lesen könnte, fand ich mich mit einer Trompete in der Hand zum Unterricht beim Kantor Markus Mütze und etwas später bei Darius Mütze wieder. Ich versuchte dann die ersten Töne dem Instrument zu entlocken. So kam ich zum Posaunenchor.“ (Cornelia Pötzsch-Alayan)
„Auf den Posaunenchor aufmerksam geworden bin ich 2014 bei einem Geburtstagsständchen bei einem Posaunenchormitglied unter der Leitung von Klaus Franke. Meine Frau war so erfreut, dass sie sagte: ‘Bei diesem Posaunenchor spielst du mit.‘ Sie machte auch gleich einen Termin für mich aus. Dann durfte ich bei Klaus Franke zu Hause im Wohnzimmer vorspielen. Er war überrascht, dass ich die Notenschreibweise der Posaunenchöre beherrschte. Glücklicherweise wird auf der Musikschule die gleiche Notierung unterrichtet. Die Aufnahmeprüfung war somit bestanden.“ (Karsten Zeidler)
„Durch die Überredungskünste eines sehr guten Freundes begann ich im Jahr 2015 das Posaune spielen zu erlernen. Im selben Jahr durfte ich auch meinen Einstand in dem Posaunenchor feiern. Seitdem ist meine Freude und Motivation ungebrochen mit verschiedensten Menschen an schönen Orten zu musizieren. Vielen Dank dafür!“ (Nico Freyer)
„Die folgenden Zeilen sind nach einer wahren Begebenheit: Im zarten Alter von 6 Jahren lernte ich Flöte spielen, ging dann in den Flötenchor und dachte bis dahin immer, Flöte spielen macht Spaß, Flöte spielen ist toll. Irgendwann dann, etwa 4-5 Jahre später, hatten wir einen Auftritt mit dem Flötenchor bei einem Gottesdienst in der Kirche. Alles lief super und es klang auch wirklich gut, was wir da gespielt haben…. dachte ich. Doch das nächste Stück, welches in diesem Gottesdienst vorgetragen wurde, spielte der Posaunenchor. Das war einfach mal ein ganz anderes Level. Da erlebte ich das erste Mal bewusst einen so fantastischen und vollen Klang. Nach diesem Erlebnis konnte ich der Flöte einfach nix mehr abgewinnen und mir wurde sofort klar, in diesem Chor willst du unbedingt mitspielen. Zufällig war an diesem Tag auch mein Onkel in der Kirche, dem ich das gleich aufgeregt erzählte. Er hat dann den Kontakt zum Posaunenchorleiter Klaus Franke hergestellt, der mich daraufhin ausbildete. Seit 1994 spiele ich im Radeburger Posaunenchor mit.“ (Markus Pietzsch)
„Vor vielen Jahren sprach der Posaunenchorleiter Klaus Franke meine Mutter an, ob ihr vierzehnjähriger Sohn Dietmar nicht Lust hätte ein Blasinstrument zu erlernen. Er hatte Lust. Also wurde ein Termin vereinbart: Donnerstag, 18.30 Uhr, im Pfarrhaus. Dort wurde ich von Christoph Langer erwartet. Er stellte mir das Instrument vor, welches ist spielen lernen sollte. Es war eine Zugposaune. Ich vermute wegen meiner bereits damals langen Arme. Christoph zeigte mir den Aufbau des Instrumentes und wie es zusammengebaut wird. Ich bekam für Zuhause den Auftrag Töne zu erzeugen. Ich pustete und pustete in die Posaune, aber kein Ton kam heraus. Nach diesem anfänglichen Misserfolg bekam ich es dann doch hin. Mit der Zeit und durch viel Übung gelang es mir das Instrument zu blasen und ich habe es bis heute nicht verlernt.“ (Dietmar Rothe)
„Es begann vor etwa 12 Jahren. Tobias Hein fragte mich, ob ich im Posaunenchor mitspielen möchte. Immerhin könne ich doch Noten lesen. Wir kannten uns vom Kirchenchor. ‘Aber wie lange dauert es, bis man einigermaßen passabel ein Flügelhorn spielen kann?‘ war meine Frage…‘ungefähr ein Jahr‘, meinte Tobias. So nahm ich die Herausforderung an. Und wirklich: nach einem Jahr konnte ich mitblasen - mit Lampenfieber natürlich - was dazu gehört. Die Freude gemeinsam mit anderen Menschen Musik zu machen und die Gemeinschaft, die unter Bläsern entsteht, ist bis heute geblieben. (Elisabeth Lorenz)
„Bereits im Kindesalter begann ich mit dem Klavierunterricht – hatte aber nie Freude am Üben. Ich schaute immer neidisch zu den Bläsern, die man durch das Fenster meines Zimmers jeden Samstag auf dem Kirchturm beobachten und hören konnte. Da ich auf jeden Fall das Spielen irgendeines Instrumentes lernen sollte und auf Flöte nun gar keine Lust hatte, besorgte mein Vater ein Waldhorn vom Posaunenchor und versuchte mir ein paar Töne beizubringen. (Noten kannte ich schon mehr oder weniger ;-)) Bereits nach einem halben Jahr fuhr ich gemeinsam mit Klaus Franke auf dessen Roller ‚Berlin‘ vollbepackt zum Posaunenfest (1968?) nach Lommatzsch. Das war dann der Start eines lustvollen ‘Bläserischen Selbstläufers‘.“ (Andreas Koch)
„Schon als kleines Kind war ich begeistert, wenn der Posaunenchor Samstagabend um 18 Uhr auf den Kirchturm gestiegen ist. Mit dem Ziel später auch mit auf dem Kirchturm zu spielen, begann ich mit 9 Jahren die ersten Töne auf dem Tenorhorn zu erlernen. Eigentlich wollte ich Posaune spielen lernen, aber leider waren meine Arme noch zu kurz. Mit 11 Jahren und ein paar Zentimeter größer war es dann endlich soweit. Ich durfte Posaune spielen. 2019 wurde ich dann gefragt, ob ich jetzt nicht in den Posaunenchor eintreten möchte. Ohne zu Überlegen sagte ich ja. Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass der Posaunenchor eine echt coole Truppe ist. Ich freue mich immer wieder auf die nächste Übungsstunde und auf jeden Auftritt.“ (Ruben Ritter)
Großgeworden mit Blasmusik habe ich mich schon immer sehr für das Blechblasinstrument interessiert- nur hatte ich als Kind leider keine Geduld dafür. Erst im Studium in Halberstadt hat mich der Ehrgeiz gepackt. Wir hatten die Auswahl zwischen einem Flötenkreis und einem kleinen Posaunenchor. Da ich schon viele Jahre Flöte gelernt hatte, dachte ich mir, dass ich es noch einmal mit der Trompete probiere. Mir wurde dann eine alte, zerbeulte Trompete, bei der die Drehventile komplett festgerostet waren in die Hand gedrückt und Herr Hinsche – der Posaunenchorleiter in Halberstadt für Jungbläser, der immer ein kleines „Schmunzeln“ auf den Lippen hatte, sagte: ‘Spielt einfach einen Ton.‘ Nachdem tatsächlich irgendwann ein Ton kam, sagte er wieder: ‘Gut! Jetzt könnt ihr es. Geht nach Hause und übt weiter. Bis nächste Woche!‘ Eine Woche später legte er uns die „Olsenbande“ und eine Fuge in C-Dur von J.S. Bach hin. Wir (alle Anfänger im Chor) sollten es einfach einmal spielen. Dabei trafen wir fast keinen richtigen Ton, aber Herr Hinsche meinte nur: ’Gut! Jetzt spielen wir es etwas schneller.‘ Als ich merkte, dass ich eigentlich überfordert war, setzte ich mich in meinem Zimmer hin und übte fast jeden Tag lange Töne und Griffe. Als ich nach einem Jahr nach Greifswald zum Studium ging, entschied ich mich für Trompete als Nebenfach. So bekam ich Einzelunterricht, indem ich gut vorankam. Ein wöchentlicher Wettstreit beinhaltete, wer kann höher spielen? Mein Lehrer oder Ich? Aus irgendeinem Grund habe häufig ich den höchsten Ton getroffen (er hat mich meist gewinnen lassen ;-). Dadurch wurde es meinem Lehrer mit der Zeit zu teuer, da er als Verlierer immer einen Kaffee auszugeben hatte und er meinte ich solle doch lieber „Trompete“ mit ins Hauptfach nehmen. So wurde ab dem zweiten Semester die Trompete mein „Drittinstrument“ im Studium. Zusätzlich erhielt ich beim ehemaligen Landesposaunen- und Singwart (Mecklenburg-Vorpommern), Hans-Peter Günther, Posaunenchorleitungsunterricht.
Einige Jahre voller Musik später wurde ich zum Vorstellungsgespräch für die Kantorenstelle nach Radeburg eingeladen. Dabei sollte ich spontan ein Stück mit dem Posaunenchor spielen, der damals ohne Leiter war. Das war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Ein paar Mitglieder des Chores hatten mich im Vorfeld „gegoogelt“ und hofften, dass ich etwas mit Blechblasinstrumenten zu tun habe, im besten Fall Trompete. Wie es der Zufall so will, fand man ausgerechnet ein Bild von mir im Internet, auf dem ich gerade Trompete spiele. Zum Stellenantritt im Oktober 2020 wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte auch die Leitung des Posaunenchores zu übernehmen. Ich nahm mit Freuden an. Nun bin ich Leiter des Posaunenchores Radeburg und es macht immer wieder Spaß, jede Woche mit dem kleinen, aber feinen Ensemble zusammenzuspielen. Es ist ein sehr tolles Miteinander und man knüpft über die Musik viele Freundschaften. Ich hoffe, dass wir noch viele Auftritte haben. Vielleicht verirrt sich ja der ein oder andere „Jung-Bläser“ jeden Alters zu uns in den Posaunenchor. Neue Mitspieler werden immer gesucht und sind bei uns immer herzlich Willkommen.“ (Veit Martin)
Diese Statements zeigen, dass es viele verschiedene Gründe und Motivationen gibt, miteinander zu musizieren. Im kirchlichen Posaunenchor bedeutet das auch, “Gott zu loben, mit Tönen, Klängen uns und anderen Menschen Freude zu schenken,“ wie die Redaktion des „Kirchenfensters“ schreibt. „Und ganz sicher, wir lassen weiter laute und leise Töne erklingen, in Chorälen, klassischen Werken und modernen Rhythmen, sei es vom Kirchturm an lauen Samstagabenden, in Gottesdiensten oder Konzerten.“
Quellen:
- "Kirchenfenster" - Informationsblatt der Kirchgemeinde Radeburg (PDF)
- Musik in Radeburg - früher und heute - Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Radeburg