Marktgestaltung: Trotz Planungsbüro immer noch nichts Greifbares

Am 4. Juni 2024 befasste sich der Technische Ausschuss mit den Vorschlägen der AG Marktgestaltung des Runden Tisches und des Plaungsbüros Haß, das zwei Lösungsvorschläge unterbreiten sollte. Das Ergebnis der Beratung war wenig befriedigend.

Variante 1 des Planungsbüros mit drei transportablen Bäumen. Zur Quelle ins Bild klicken! Konzeptstudie ab Seite 4, Varianten ab Seite 17.

Wir blicken kurz zurück.

Die Baumaßnahme „Neugestaltung Marktplatz Radeburg“ wurde 2019 nachumfangreichen Vorplanungen, auch unter Bürgerbeteiligung durchgeführt. Diese begannen bereits 2002 – mit einem Studentenwettbewerb, dessen Ergebnisse erste Anhaltspunkte für die Überplanung des Marktplatzes lieferten. Mit den eigentlichen Planungen zur Neugestaltung des Marktes wurde 2006 begonnen. Auf dem Weihnachtsmarkt erfolgte noch im selben Jahr eine Bürgerbefragung, welche am 06.02.2007 im Technischen Ausschuss ausgewertet wurde. Das beauftragte Büro Steinbrecher + Partner erarbeitete unter Einbeziehung der Bürgerbefragung, des durchgeführten Studentenwettbewerbes und weiterer Beratungen - am 14.06. und 05.07.2007 - mit der Denkmalschutzbehörde mögliche Varianten. Aus heutiger Sicht kann man nur zu dem Schluss kommen: nachdem die Denkmalbehörde wesentliche Vorschläge der Studenten und der Bürger als „nicht denkmalgerecht“ verwarf, blieb eigentlich, wie Andreas Hübler (ULR) formuliert: „nicht viel übrig als ein Markt, dessen einzige Nutzung an 300 Tagen die als Parkplatz ist.“ Und man möchte ergänzen: auch das nur am Rande. 
Das Vorhaben verschwand zunächst für 10 Jahre in den Schubfächern des Bauamtes. 2018 sollten dann endlich die Mittel bereitstehen, so dass die Planungsgrundlagen 2016 wieder hervorgeholt wurden. Es fand auch eine Abstimmung mit dem RCC statt, welcher sein Interesse an der weiteren Aufstellung des Zeltes (an 5 Tagen pro Jahr) bekundete. Eine wichtige Rolle spielte auch die Nutzung des Marktes für die Marktgilde, jeden Mittwoch für 
4 Stunden – an ca. 50 Tagen pro Jahr. Des Weiteren wurden verschiedene Verkehrslösungen diskutiert, welche ein Maximum an Parkplätzen und ein einfaches Handling bei der Herstellung verkehrsfreier Flächen für diverse weitere Veranstaltungen zum Ziel hatten. Letztlich hatte der Technische Ausschuss die Wahl zwischen drei Varianten, bei denen nicht mehr viel vom ursprünglichen Ideenreichtum übrig blieb. Leider kamen die Fragen bei vielen erst auf, als das Kind sprichwörtlich „in den Marktbrunnen“ gefallen war.

Runder Tisch: nach Sanierung mangelnde Aufenthaltsqualität 

In der Sitzung des TA am 4. Juni 2024 hat das letztlich dank der Initiative des „Runden Tisches“ beauftragte Planungsbüro Haß aus Radeberg zur damaligen Entscheidung ein deutliches Urteil gefällt: „Leider wurde mit der rein tiefbautechnischen Sanierung des Marktplatzes versäumt, eine lebendige und attraktive Ortsmitte auch außerhalb der Karnevalsaison zu schaffen.“ Sowie: „Gestalterisch völlig unberücksichtigt blieb die Kirchgasse als wichtige fußläufige Verbindung zu Kirche und Rathaus.“ Es sind genau die Vorschläge, die in den Studentenentwürfen von 2002 „das Salz in der Suppe“ waren. Weiter heißt es in der Studie: „Mit den der Jahreszeit entsprechend bepflanzten rechteckigen Pflanzkübeln soll der Tristesse des Marktplatzes begegnet werden, doch aufgrund der zu geringen Größe und Höhe können die Kübel keine räumliche Wirkung entfalten. Die drei Hockerbänke am Brunnen wirken, als wären sie aus Verlegenheit am Brunnen platziert worden, ist die Lage 'wie auf dem Präsentierteller' zum Sitzen wahrscheinlich eher ungeeignet.“
Nach Fertigstellung der Bautätigkeit inklusive Mängelbeseitigung im Jahr 2022 beklagten Radeburger genau diese nun für jedermann sichtbare mangelnde Aufenthaltsqualität und Attraktivität des Marktplatzes. Da sich Bürger mit ihrer Kritik nicht gehört fühlten, wandten sie sich an den „Runden Tisch“. Dieser hat informellen Charakter und ist ohne Beratungs- oder Beschlusskraft im Sinne der Sächsischen Gemeindeordnung. Deshalb hat er die Arbeitsgruppe „Marktgestaltung“ gebildet, die Vorschläge erarbeitete und hat diese im Rahmen des „Scheunenfestes“ 2023 erneut mit interessierten Bürgern diskutiert. Die aktualisierten Vorschläge wurden schließlich an die Stadtverwaltung herangetragen mit der Bitte, sie in den Diskurs der demokratisch legitimierten Gremien – Stadtrat und technischer Ausschuss (TA) – aufzunehmen, um Veränderungen herbeizuführen. Stadtrat Rüdiger Stannek (DIE LINKE*) bot an, als Vermittler zu agieren. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt. 

Planungsbüro: "hartes Zeugnis" für Stadtrat

Im Ergebnis der Intervention der Arbeitsgruppe wurde dann am 14.12.2023 das oben genannte Planungsbüro beauftragt. Die Planungskosten in Höhe von 6.765,86 € wurden durch Umschichtung aus anderen städtischen Projekten bereitgestellt. Das Planungsbüro hat nun fachlich fundiert genau das bestätigt, was die ehrenamtliche Arbeitsgruppe bereits festgestellt hatte. 
In seiner Konzeptstudie, die in der TA-Sitzung am 4. Juni vorgestellt wurde, schreibt das Planungsbüro, was man nur unterstreichen kann: „Die Marktplätze in der Umgebung haben alle ein ähnliches Erscheinungsbild. Viele wurden in den letzten 20 Jahren mit dem Ziel umgestaltet, die teilweise leblos gewordenen Plätze wieder zu einem attraktiven Stadtzentrum mit hoher Aufenthaltsqualität zu entwickeln. Dabei spielte die Begrünung sehr oft eine übergeordnete Rolle, um besonders in den Sommermonaten die starke Überhitzung der befestigten, von Gebäuden umgebenen Flächen erträglich zu gestalten.“ Als Beispiel wurde der auch schon der AG Marktgestaltung angeführte Marktplatz von Kamenz genannt. Ähnliches lässt sich auch auf dem ähnlich ausgebildeten Hauptmarkt von Großenhain, dem Markt Königsbrück, Radeberg oder Pulsnitz zeigen. Diese Plätze werden ebenfalls für Wochenmärkte genutzt. 
Das Planungsbüro schreibt als Fazit – und damit sollte man durchaus noch einmal an den Denkmalschutz herantreten: „Deutlich wird, dass dem Marktplatz an sich mit dem Verlust der Funktion des Handels und des Warenaustausches eine neue Bedeutung zugedacht werden muss. Oft verkommen als Parkplatz und Verkehrsfläche, haben in den letzten 20 bis 30 Jahren viele Städte versucht, die prominente und zentrale Lage des Marktes als Ort der Begegnung mit großer Aufenthaltsqualität, Durchgrünung und künstlerischer Ausstattung umzunutzen. Wesentlich dabei ist die Attraktivität der um den Marktplatz versammelten Geschäfte und gastronomischen Angebote. Denn mit einer 'toten' Innenstadt lässt sich auch kein Marktplatz beleben. Auch ein Angebot an fußläufig erreichbaren Parkplätzen ist von zentraler Bedeutung, zumal innerhalb der mittelalterlichen Innenstädte nur der Marktplatz als große und zumeist ungenutzte Fläche zur Verfügung steht. Es wird darauf ankommen eine Balance zwischen verkehrsberuhigten Aufenthaltsflächen für Bürger und Besucher, Flächen zum Parken und Flächen für Märkte und Veranstaltungen zu finden.“ Das Planungsbüro war im analytischen Teil brillant. Andreas Hübler: „Sie haben uns als Stadtrat eigentlich ein hartes Zeugnis ausgestellt. Sie haben aber auch nur aufgeschrieben, was wir eigentlich selbst schon festgestellt haben.“

Vorschläge teuer und enttäuschend - dranbleiben!

Wenig zufriedenstellend waren dagegen die zwei Gestaltungsvorschläge des Planungsbüros, die eigentlich das Ziel der Beauftragung waren. Die zwei Knackpunkte „Festzelt“ und Marktgilde blockierten aus Sicht der Planer alle weiteren Möglichkeiten. Die zwei eher dürftigen Vorschläge (Variante 1 – 3 Baumkübel, 1 Pflanzkübel; 4 Blumenpyramiden; Variante 2 – 1 Baumkübel, 4 Pflanzkübel, 4 Blumenpyramiden) beliefen sich jeweils auf sage und schreibe 59.000 €, dazu jährliche Transportkosten von 10.000 € und Pflegekosten von 1.500 €. 

Die an der TA-Sitzung als Zuhörer teilnehmenden Mitglieder der Arbeitsgruppe zeigten sich enttäuscht. Einigen Stadträten ging es offenbar ähnlich. René Eilke (CDU) kritisierte den Fokus auf die Marktgilde und meinte, „für die vier Stunden pro Woche blockieren wir alle sinnvollen Lösungen. Es muss doch möglich sein, in diesen vier Stunden den Markt für’s Parken und die Durchfahrt zu sperren und die Marktstände an den Seiten aufzustellen.“ Dann könnte man auch Bäume einpflanzen. Die Vertreterin des Planungsbüros zweifelte das wegen des „Zeltes“ an. Offenbar fehlte den Planern auch das Wissen über die Dimensionen. „Die Durchfahrthöhe ist vier Meter,“ sagte Stadtrat Uwe Berge (CDU). „So hoch sind die Seitenwände. Wenn man Bäume mehr zur Mitte einpflanzt, können sie auch 6 Meter werden und man braucht keine Kübel. Man muss sie dann eben stutzen.“ Das sollte doch möglich sein. Früher standen auch Straßenlaternen im Zelt und sogar eine Telefonzelle. Stadtmöbel müssten also nicht unbedingt beräumt werden.
Wie geht es nun weiter? „Wir prüfen jetzt die Variante, Bäume einzupflanzen,“ sagt Rüdiger Stannek auf Nachfrage. „Dazu muss einiges geprüft werden. Wir müssen wissen, wo die Leitungen liegen. Wir brauchen auch die Zustimmung der Denkmalpflege. Ich werde mich darum kümmern.“
In der AG Marktgestaltung ist man zwar unzufrieden, „dass man nun immer noch nichts Greifbares hat.“ Dennoch will man dranbleiben. „Wir hoffen, dass der neu gewählte Stadtrat die Dringlichkeit etwas höher bewertet als das bisher der Fall war.“

Klaus Kroemke
im Namen des „Runden Tisches“

*gemeint ist im Kontext Stadtrat/TA die Fraktion. Fraktionsmitgliedschaft kann, muss nicht Parteizugehörigkeit bedeuten.