Radeburger Biathleten holen 8 Pokale – doch darin ist Wermut

In der Gesamtwertung des Sachsencup 2023 bei den Sommerwettkämpfen wurden die in Radeburg trainierenden Biathleten der SG Klotzsche ihrer Favoritenrolle gerecht. Mit 8 Pokalsiegen in den einzelnen Altersklassen waren sie erneut der erfolgreichste Verein. Aber die Freude ist getrübt, denn ab 31.12. hat der Biathlon-Nachwuchs keine Trainingsstätte mehr.

Radeburgs Sieger und Platzierte Rollskicup Gesamtwertung 2023. Foto: SG Klotzsche

Radeburgs Sieger und Platzierte Rollskicup Gesamtwertung 2023. Foto: SG Klotzsche

Die Pokalsieger und Medaillengewinner der Radeburger/SG Klotzsche Biathleten (Gesamtergebnis nach zehn über die Saison verteilten Wettkämpfen):

  • Gold: Pepe Lindner AK10, Ann-Elen Adler AK11, Lisa Barthel AK12, Linus Reichelt AK14, Lena Barthel AK15, Frans Daubitz Junioren, Rosa Zimare Damen, Franziska Zimare Damen Ü50, Mike Richter Herren 41
  • Silber: Magdalena Drechsler AK15, Mira Schaaf Jugend 16/17, Carsten Pump Herren 41, Hagen Zimare Herren 51
  • Bronze: Laura Menzel AK12, Greta Damaschke AK14

Ebersbacher Lennart Hunger gewinnt Bronze beim Austria-Cup in Obertilliach

Zum Start in die neue Saison ging es am vergangenen Wochenende (09 – 10.12.) zum Biathlon-Austria-Cup nach Obertilliach (Österreich). Das ist der erste Biathlonwettkampf der Saison 2024. In diesem internationalen Wettkampf belegte Lennart Hunger von der Radeburger SG Klotzsche in der AK17 die Plätze 3 und 4.

Den 4. Platz belegte Lennart im Einzel über 10 km in 36:37,1 (1/3/1/1). Die Plätze vor ihm gelegten belegten der Österreicher Simon Grasberger, Simon Kilian vom SC Partenkirchen und Simon Hechenberger (ebenfalls Österreich).Den 3. Platz und damit Bronze holte er im Sprint über 7,5 km mit 23:16,2 (1/0). Der Sieg ging an Hugo Winter vom SSV Altenberg 22:40,6 (0/2), vor Simon Grasberger (Österreich) 23:00,9 (3/2). Lennarts Vereinskameraden Leonard Pump (AK16) kamen im Einzel auf Platz 13 bzw. Moritz Bärsch (AK 18/19) auf einen ausgezeichneten 8 Platz.

Auf Grund dieser Erfolge sind natürlich die Hoffnungen sehr groß, dass die Nachwuchssportler vom Talentestützpunkt des Deutschen Skiverbandes an die Leistungen in der Biathlonsaison anknüpfen.

Training im Gewerbegebiet ab Jahresende untersagt

Ob die Erfolgsserie der Radeburger Biathleten fortgesetzt werden kann, ist jedoch fraglich.

Ab dem 01.01.2024 wurde den Biathleten die Straßennutzung im nordwestlichen Quartier des Gewerbegebietes Radeburg für Trainingszwecke (max. 1,5 Stunden/Tag) gekündigt – per Bescheid durch die Stadt Radeburg. Die Stadt ist für innerörtliche Straßen die zuständige Behörde.

Besorgte Mitarbeiter einer Firma, die Anlieger einer für das Rollskitraining genutzten Straße ist, hatten den Stein ins Rollen gebracht. Sie beschrieben, dass „hier kleine Kinder, ohne Beleuchtung und ohne Helm aus dem Dunklen auftauchen und auf der Straße fahren.“

Den Mitarbeitern zufolge sei es auch zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Die Athleten würden sich nicht immer an den Grundsatz der StVO, gegenseitige Rücksichtnahme, halten. Daraufhin habe die Firma die Stadtverwaltung informiert und um Klärung der Rechtslage gebeten. Niemand möchte verantwortlich sein, dass hier Kinder zu Schaden kommen.

„Radeburger Anzeiger“ hat die Stadtverwaltung um eine Stellungnahme gebeten. In dieser heißt es, dass aufgrund vorliegender Beschwerden geprüft wurde, „Möglichkeiten, die verkehrsrechtliche Situation / Beschilderung für das Rollski-Training sicherer für Trainierende (darunter viele Kinder und Jugendliche) und Anlieger zu gestalten. Dazu gehörten Vor-Ort-Besichtigungen, Gespräche mit Vertretern der SG Klotzsche e.V. vor Ort, telefonische Nachfragen zur Situation bei den Anliegerbetrieben und ein erster Meinungsaustausch / Vor-Ort-Besichtigung mit dem Kreisverkehrsamt Meißen (Untere Straßenverkehrsbehörde). Die rechtliche Prüfung ergab, dass die Regelungen der ergangenen verkehrsrechtlichen Anordnung den Anforderungen der StVO nicht entsprechen und der konkreten Situation vor Ort angepasst werden müssen. Darüber wurde die SG Klotzsche e.V. bereits im März 2023 durch die Stadt Radeburg informiert.“

Seit den Anfängen (siehe „Hintergrund“ weiter unten) änderten sich die Bedingungen sukzessive. Das Gewerbegebiet füllte sich. Das nördliche Quartier mit bisher nur drei angesiedelten Unternehmen und zudem ohne Durchgangsverkehr, blieb vergleichsweise ruhig. Dennoch wollte die Stadt aufgrund der Beschwerden Rechtssicherheit für die Zukunft erhalten und bat das Kreisverkehrsamt Meißen als Fachaufsicht um eine Stellungnahme zur verkehrsrechtlichen Situation. Die Stadtverwaltung Radeburg teilt in ihrer Stellungnahme mit, die Fachaufsicht sei zu dem Schluss gekommen, „dass es für das Rollskitraining auf der Straße / die Beschränkung der Nutzbarkeit der Gewerbegebietsstraßen keine rechtliche Grundlage gibt. Es fehlt an der Grundlage, das Training auf der Fahrbahn zuzulassen und die Benutzung der Ortsstraßen des Gewerbegebietes zu beschränken oder zu verbieten.“ Aufgrund dieser Mitteilung vom August sei im Rahmen einer Einzelfallentscheidung eine Frist bis zum Jahresende eingeräumt worden.

Die Stadt bringt in ihrer Stellungnahme noch einen weiteren Versagensgrund ins Spiel: „Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr wird gemäß jetziger Planung am 01.04.2024 mit dem Umbau der Autobahnanschlussstelle Radeburg beginnen. Durch den Bau eines Brückenbauwerks direkt zu Beginn der Gesamtbaumaßnahme wird der jetzige Trainingsbereich, insbesondere die Pfarrbuschstraße, direkt betroffen sein. Die Pfarrbuschstraße und Dieselstraße werden hierbei vollgesperrt, umgebaut und später nicht mehr für den öffentlichen Straßenverkehr zur Verfügung stehen. Während der Baumaßnahme ist mit erhöhtem Anlieger- / Baustellenverkehr und verschmutzten Fahrbahnen in angrenzenden Straßenbereichen zu rechnen.“

Zumindest könnte man den Trainingsbetrieb also noch bis zum 31. März 2024 per Einzelfallentscheidung dulden.

Behörden prüfen Alternativen

Inzwischen haben sich die Anlieger und die SG an einen Tisch gesetzt. Alle Seiten haben ihre Sicht der Dinge dargestellt und jeder hat versucht, den anderen besser zu verstehen. Die SG hat zugesagt, die Sportler mit Stirnlampen und Reflektoren auszustatten, außerdem Anfänger, die auf den „Brettern“ noch unsicher sind, nur auf dem Trainingsparcours außerhalb der Fahrbahn laufen zu lassen. Außerdem werden die Biathleten zu dem gemeinsam mit den Firmen erstellten Sicherheitskonzept belehrt, wozu auch der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme gehört. Leider nutzen vereinsfremde Personen das Gelände zum Beispiel zum Skaten, Roller- oder Skateboardfahren und tauchen dabei auch außerhalb des Trainingsgeländes auf, was aber dem Verein „angekreidet“ wird.

Die Anlieger und die SG Klotzsche sind sich einig, dass der jetzige kein Dauerzustand bleiben kann und die Biathleten haben versichert, sich intensiv um eine andere Lösung zu bemühen.

Die SG hat auf dieser Grundlage gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt, der leider keine aufschiebende Wirkung hat und bereits Vorschläge für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit auf den bisherigen Straßen (PDF) als auch für die Schaffung einer neuen Strecke in Radeburg im Zuge der Umbaumaßnahmen der Autobahn-Anschlussstelle Radeburg vorgelegt (Klick ins Bild öffnet PDF).

Die Stadtverwaltung Radeburg teilt dazu in ihrer Stellungnahme mit, dass sie in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr diese Konzeptidee für eine frei zugängliche Freizeitsportanlage im Bereich der künftig umgebauten Areale an der BAB 13 prüft. Die Prüfung sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Parallel dazu prüfe das Kreisschul- und Kulturamt des Landkreises Meißen die Verfügbarkeit von alternativen Trainingsmöglichkeiten im Landkreis.

Jan Donhauser, Bürgermeister für Bildung, Jugend und Sport in Dresden, habe sich ebenfalls bereiterklärt, den in seinem Stadtgebiet ansässigen Verein bei der Suche nach Trainingsmöglichkeiten zu unterstützen.

Jan Donhauser ist einer von zahlreichen prominenten Personen, die sich an die Bürgermeisterin mit der Bitte gewandt haben, den Biathlonsport hier weiter zu unterstützen, darunter der Landtagsabgeordnete Christian Hartmann (MdL, stellv. CDU-Landesvorsitzender), Max Mutschler, Direktor Sportmanagement des Deutschen Skiverbands (Brief -PDF), Felix Bitterling, Sportdirektor Biathlon (Brief-PDF) und Derrick Schönfelder, Generalsekretär Skiverband Sachsen (Brief -PDF). Auch der MDR ist auf die Angelegenheit aufmerksam geworden und berichtete. (Link zeitlich begrenzt!)

Die Sportler hoffen immer noch, dass ab dem 01.01.2024, zumindest mit einer nochmaligen Einzelfallentscheidung, der Trainingsbetrieb weitergeht. Ohne das Rollertraining in den Abendstunden mit bis zu 6 Trainingseinheiten in der Woche wird eine Teilnahme an Deutschen Schülermeisterschaften und dem Deutschen Schülercup 2024 nicht möglich sein. Dies wäre umso bitterer, als im nächsten Jahr mit dem Dresdner City-Biathlon die Weltspitze in Sachsen zu Gast sein wird und bereits heute Anfragen vorliegen, ob sich die regionalen Biathlon-Talente einbringen könnten. Dazu sind alle gern bereit. Realisierbar ist dies aber nur, wenn es dann noch Biathleten gibt.

Sollte der Bescheid bestand haben, verlieren alle - der Biathlonsport einen erfolgreichen Nachwuchsstützpunkt und die Stadt Radeburg nicht nur ein Aushängeschild, sondern auch ein attraktives Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche.

Hintergrund

Im November 2001 trat der Dresdner Verein SG Klotzsche e.V. / Abteilung Ski an Bürgermeister Dieter Jesse mit der Anfrage heran, im Gewerbegebiet Radeburg Flächen und Straßen für einen Rollskitrainingsbetrieb im nördlichen Quartier des Gewerbegebietes nutzen zu dürfen. In diesem Bereich war zum damaligen Zeitpunkt nur das Unternehmen Druckerei Vetters angesiedelt. Deshalb wurde eine jederzeit widerrufbare verkehrsrechtliche Anordnung für die gewünschte Nutzung erteilt.

Seitdem waren die Sportler im Gewerbegebiet ein gewohntes Bild.

Die Trainingsanlage wurde 2013 mit großzügiger Unterstützung der Stadt durch eine Schießanlage auf einem nördlich an das Gewerbegebiet angrenzenden städtischen Grundstück ergänzt. 2021 kam, Dank der Hilfe der Anlieger Druckerei Vetters und von Schlüter Baumaschinen Halle, eine von der Straße getrennte Trainingsstrecke für Einsteiger hinzu. Diese wird auch von Nichtmitgliedern des Vereins gern genutzt, wenn es gilt, Kindern Radfahren oder Inline-Skaten beizubringen.

Seit 20 Jahren berichtet der Radeburger Anzeiger über die Erfolge von Kindern und Jugendlichen aus Radeburg und Umgebung im Ski- und Biathlonsport. Sogar Landeswettkämpfe fanden in Radeburg statt und stärkten das gute Image der Stadt.

Über junge Leute konnte man lesen. Julia Naujokat und Leon Mensch, Frances Kaiser und Lilly-Marie Lange, die Geschwister Lennart und Nils-Erik Hunger oder Theresa Neubert und Amelie Zimmermann. Neue Namen kamen dazu, jedes Jahr, Pepe Lindner, Ann-Elen Adler oder Marline Rasch sind die Jüngsten. Sportler aus Radeburg und den umliegenden Gemeinden, die eins gemeinsam hatten und haben: den Spaß am Skisport oder sogar am Biathlon.

Das Jahresende der Sportler ist bereits heute fest geplant: Reguläres Training am 28. und 29. Dezember und dann am 30. Dezember die Fahrt zum Wettkampfauftritt im Biathlon am Fichtelberg. Ob sie dorthin ein Weihnachtsgeschenk der Stadt mitnehmen können oder ob der Gabentisch leer bleibt und es für alle das letzte Rennen sein wird – alle hoffen, wie gesagt, immer noch das Beste.