Mit überwältigender Mehrheit hat der Kreistag daher am 13. Oktober eine Resolution mit dem Titel „Landkreis Meißen fordert auskömmliche Finanzierung zur Aufgabenerfüllung!“ verabschiedet.
„Um die überwiegend pflichtigen Aufgaben zu erfüllen und die Preissteigerungen zu schultern, bedarf es finanzieller Unterstützung durch Bund und Land. Insbesondere bedarf es auch immer dann einer ausreichenden Finanzausstattung, wenn durch Bundesgesetze Leistungsgesetze ausgeweitet werden“, so eine der zentralen Forderungen der Fraktionen des Kreistages Meißen. Wortlaut:
Landkreis Meißen fordert auskömmliche Finanzierung zur Aufgabenerfüllung!
13. Oktober 2022
Der Landkreis Meißen befindet sich – wie alle anderen Landkreise im Freistaat Sachsen – in einer sehr prekären finanziellen Situation. Dies wird neben dem zu erwartenden deutlichen Haushaltsdefizit im Jahr 2022 auch bei der Haushaltsplanung für den Doppelhaushalt 2023/2024 deutlich. Hier klafft nach aktuellen Schätzungen eine Finanzierungslücke von circa 30 bis 40 Mio. Euro je Haushaltsjahr. Die Aufstellung eines genehmigungsfähigen Haushaltes für die kommenden beiden Jahre ist deshalb aktuell nicht denkbar.
Auch die nunmehr durch den Freistaat Sachsen angekündigten haushaltswirtschaftlichen Vereinfachungen genügen nicht, denn diese „lösen“ nur einen Teil des Problems und dies auch nur durch Lastenverschiebung in die Zukunft. Während es in der Vergangenheit noch gelang, Mehraufwendungen im sozialen Bereich durch Einsparungen an anderen Stellen zu kompensieren, ist das Ende der Fahnenstange nun erreicht. Dies belegt der für 2021 deutliche Fehlbetrag in der Jahresrechnung. Aktuell ist auch für 2022 mit einem ähnlichen Jahresfehlbetrag zu rechnen. Haushaltsbegleitende Maßnahmen greifen aufgrund des Aufgabenportfolios des Landkreises nicht im notwendigen Umfang.
Eine daraus resultierende adäquate Erhöhung der Kreisumlage im nächsten Doppelhaushalt, welche von den Städten und Gemeinden im Landkreis erhoben wird, ist dabei nicht zu vertreten, würde die finanzielle Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden übersteigen und damit den Zusammenhalt der kommunalen Familie in Gefahr bringen.
Hauptgründe für diese Situation sind besonders die enorm gestiegenen Belastungen in den Bereichen der Sozialausgaben, des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), der Energiekosten sowie die Baupreissteigerungen.
Insbesondere im sozialen Bereich sind bei den Hilfen zur Pflege, der Eingliederungshilfe (jeweils eigene Zuständigkeit sowie Umlage an den Kommunalen Sozialverband), den zu erbringenden Jugendhilfeleistungen und den Leistungen nach dem SGB II sowie Steigerungen durch die Einführung des Bürgergeldes sowie der Wohngeldreform stark steigende Ausgaben und damit eine weitere Kostenexplosion zu erwarten. Immanent in den Steigerungen sind jeweils auch die Folgen der Energiekrise, welche die ohnehin zu erwartenden weiteren Aufgabenaufwüchse verschärfen. Festzuhalten ist dabei, dass sich die Belastungen in diesen Bereichen auf die tatsächlich durch den Landkreis aufzubringenden Leistungskosten/Eigenanteile sowie die zu tragenden Personal- und Sachkosten beziehen. Einhergehende Stellenerhöhungen, zum Beispiel im Kreisjugendamt, Kreissozialamt und Ausländeramt, schlagen sich aber nicht nur finanziell im Haushalt nieder, diese sind zudem kontraproduktiv zur bestehenden mehr als angespannten Fachkräftesituation.
Für den ÖPNV haben sich die Zuschüsse des Landkreises Meißen in den letzten fünf Jahren nahezu verdreifacht und sind in Anbetracht der weiteren aktuellen Entwicklungen auf dem Kraftstoffmarkt innerhalb des Kreishaushaltes nicht mehr finanzierbar. Deshalb muss der Kreistag in seiner Sitzung am 13. Oktober 2022 über eine zehn prozentige Leistungskürzung im Busverkehr befinden, falls sich bis zum Schuljahresbeginn 2023/2024 keine alternativen Finanzierungslösungen, zum Beispiel über eine Bereitstellung von Regionalisierungsmitteln, ergeben. Diese Entscheidung müsste aus dem schmerzhaften Bewusstsein heraus getroffen werden, dass sich der Landkreis dabei von den aus der Verkehrswende ergebenden Erwartungen und den eigenen Ansprüchen an die öffentliche Mobilität deutlich entfernt.
Im Bereich der Ausländerbehörde ist des Weiteren zusätzlich zur Ukrainekrise und den durch die Rechtskreisänderung zum SGB II und SGB XII unter anderem entstehenden Finanzierungslücken für Unterkunftskosten mit Vollverpflegung und Krankenkosten ein enormer Anstieg an Flüchtlingszuströmen in den Bereichen Asyl, Resettlement und afghanische Ortskräfte und darüber hinaus auch von russischen Kriegsdienstverweigerern und Regimegegnern zu konstatieren. Weitere Unterkunftskapazitäten müssen aufgebaut und die Versorgung muss sichergestellt werden. Die vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten sind dabei nahezu ausgeschöpft und reichen bei der aktuellen Zuweisungsankündigung nur noch bis circa November 2022.
Ein Aufbau weiterer Unterbringungskapazitäten ist mit hohen Kosten- und Personalaufwendungen verbunden und stößt in der Bevölkerung zunehmend auf Unmut und Unwillen. In dieser Situation sollten bundeseigene Liegenschaften zur Flüchtlingsunterbringung kostenfrei bereitgestellt werden. Um diesen Themen wirksam zu begegnen, ist aber zunächst der Schutz der europäischen Außengrenzen durchzusetzen und dem folgend eine strikte Anwendung des Dublin-Verfahrens. Auch die konsequente Rückführung von Flüchtlingen, die kein Asyl- oder sonstiges Bleiberecht in der Bundesrepublik genießen, ist entsprechend der gesetzlichen Regelungen umzusetzen.
Um die hier benannten überwiegend pflichtigen Aufgaben zu erfüllen und die Kostensteigerungen zu schultern, bedarf es finanzieller Unterstützung durch Bund und Land. Insbesondere bedarf es auch immer dann einer ausreichenden Finanzausstattung, wenn durch Bundesgesetze Leistungen neu eingeführt oder ausgeweitet werden. Das Land hat dabei die vom Bund bereitzustellenden Mittel vollständig der kommunalen Ebene ohne etwaige „Klebeeffekte“ weiterzureichen.
Letztlich ist es dringend notwendig, dass sich Bund und Länder unverzüglich auf einen Schutzschirm für Unternehmen der kommunalen Daseinsvorsorge, zum Beispiel in Form einer Gas- und Strompreisobergrenze, einigen, mit dem eine Insolvenzgefahr aufgrund der aktuellen Energiepreise gebannt wird. Insbesondere in der stationären Gesundheitsversorgung treffen die Erhöhungen auf staatlich reglementierte Preise, was dazu führt, dass zum Beispiel jedes Krankenhaus mittlerer Größe im deutschlandweiten Durchschnitt im kommenden Jahr voraussichtlich sechs Millionen Euro zusätzlich schultern muss. Der Sicherstellungsauftrag der stationären Versorgung durch die Landkreise wird bei fehlenden oder zu spät errichteten Schutzmechanismen auch den Haushalt des Landkreises Meißen zusätzlich in diesem Millionenbereich belasten, wenn entsprechende Zuschüsse zur Insolvenzvermeidung notwendig werden würden.
Aus den genannten Gründen hat der Kreistag beschlossen, folgende Resolution zur auskömmlichen Finanzierung des Landkreishaushaltes zu verabschieden.
Der Kreistag fordert deshalb:
- eine auskömmliche Finanzausstattung der Landkreise durch Bund und Land; bei Bundesmitteln sind die bereitgestellten Mittel dabei vollständig der kommunalen Ebene zuzuführen,
- einen verstärkten Einsatz vom Bund für das Dublin-Verfahren, den wirksamen und rechtsstaatlichen Schutz der europäischen Außengrenzen; die Verstärkung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Flüchtlingsaufnahme; eine konsequente Rückführung der Menschen, die kein Asyl- oder sonstiges Bleiberecht in der Bundesrepublik haben; vom Freistaat Sachsen, dass er sich für eine zügige Lösung über die Ministerpräsidentenkonferenz und den Bundesrat einsetzt; Vergabeerleichterungen und auskömmliche Finanzierung unabhängig des Rechtskreises Asyl oder SGB II/XII,
- eine ganzheitliche Betrachtung des ÖPNV durch den Freistaat Sachsen und den Einsatz von Regionalisierungsmitteln bzw. die Bereitstellung von Landesmitteln auch für die Stabilisierung des öffentlichen straßengebundenen Personennahverkehrs (ÖSPV),
- für einen absehbaren Zeitraum eine Gas- und Strompreispreisobergrenze für alle Verbrauchergruppen,
- eine tatsächliche Entbürokratisierung zur Vereinfachung von Verwaltungshandeln und damit positiven Effekten auch für den Fachkräftemarkt,
- eine Ausrichtung des Handelns auf Bundesebene zur Aktivierung von Arbeits- und Fachkräften („Arbeit muss sich lohnen“) und
- den Fokus auf die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
(Hervorhebungen: Redaktion), Quelle