Die Zilleschule und ein Bärnsdorfer - eine glückliche Verbindung

Im neuen Jahrbuch der Zilleschule Radeburg steht ein interessanter Artikel, verfasst von Justin Irmer, über die Amerikareise von Schülern der 10. Klassen. RAZ hat bei den „Verursachern“ nachgefragt, wie es überhaupt dazu kam und wie die Aufgabe schließlich gestemmt wurde. Hier das Interview mit Prof. Dr. Klaus Gommlich und Schulleiter Michael Ufert.

Professor Klaus Gommlich (rechts) mit den Teilnehmern der Amerikareise der Zilleschule vor dem Lincoln Denkmal in Washington D.C.

RAZ: „Lieber Klaus Gommlich, gleich mal ganz direkt gefragt: wie kamt ihr auf die Idee, mit drei 10. Klassen eine Amerikareise zu veranstalten?

Gommlich: Es war eigentlich ganz einfach. Die Idee kam von den Schülern der 10. Klassen selbst, allerdings schon von den Schülern des letzten Jahrgangs, mit denen ich im Rahmen von GTA (Ganztagsangeboten – d. Red.) zu tun hatte. Damals wurden schon Reisen z.B. nach St. Petersburg angeboten. Da fragte eine Schülerin, ob nicht auch mal eine Reise nach Amerika möglich wäre. Da habe ich geantwortet: „Wenn wir im Lotto gewinnen, dann machen wir das.“ Damit hatte sich die Sache eigentlich erledigt. Dann kam die Frage von der jetzigen 10 auch, also der damaligen 9. Ich weiß nicht, ob die miteinander gesprochen hatten, jedenfalls behielt ich es im Hinterkopf und dann fand ich in meinen E-Mails Angebote von KLM für um die 450 € nach New York. Das fand ich interessant und bin dann gleich zum Schulleiter, Herrn Ufert und hab ihn gefragt: „Was hältst du davon?“ Und er hat ohne Zögern gleich gesagt: „Finde ich gut. Geh mal in die Klassen und frage, ob es Interesse gibt.“ Daraufhin bin ich in alle drei damaligen neunten Klassen gegangen und habe konkret gefragt, erfahrungsgemäß sagen trotz des günstigen Preises nicht alle zu, aber wir kamen tatsächlich auf 32 Interessenten, die dann auch alle mitgefahren sind.“

Ufert: Die USA-Reise war für uns und besonders für die Schüler doppeltes Glück. Wir waren ja die letzten die reisen durften vor Corona …

RAZ: …und auch wieder zurück durften…

Ufert: Ja, das war das eine, das andere war, dass sich vieles glücklich zusammengefügt hat: von der Organisation, der Verantwortlichkeit her und den Reisekosten. Angenommen wir würden jetzt reisen: durch #BlackLivesMatter ist so eine Unruhe in den USA, dass da manches schwieriger geworden wäre. Wir haben absolutes Neuland betreten. Reisen von Schulen nach London gehören inzwischen zum Standardprogramm, aber Ich wüsste keine Schule, auch kein Gymnasium in der Umgebung, aus dem Klassen in die USA gereist sind. – da hat vieles zusammengespielt. Wir würden das natürlich gern wiederholen und es arbeitet bereits im Kopf. Die aktuellen Neunten haben schon gefragt. Aber wir stehen noch mit angezogener Handbremse da. Wir wissen nicht was kommt. Dürfen wir wieder reisen? Welche Entwicklung nehmen die USA? Dürfen wir Verbindlichkeiten eingehen? Der Freistaat hat ja großzügig Stornokosten übernommen wegen Corona. Allein unsere Schule hat bei Schülerreisen Stornierungsgebühren von ca. 16.000 € verursacht. Da waren bisher keine Auslandsreisen dabei, nur Schulfahrten im Inland. Ich glaube, das macht der Freistaat kein zweites Mal. Also ist das Risiko voll bei uns.

Zum Vertretungslehrer überredet

Klaus hat nicht nur die USA-Reise organisiert, er hat auch bereits mehrfach Unterricht vertreten, wenn Fachlehrer erkrankt waren. Gerade in Vorbereitung auf die Englischprüfung hat uns das sehr geholfen. Die Prüfung besteht aus zwei Teilen – dem schriftlichen und einem praktischen Teil. Besonders bei dem zweiten Teil war für unsere Schüler von Vorteil, einen Quasi-Muttersprachler dabei zu haben – Klaus ist ja mit über 20 Jahren Aufenthalt in den USA faktisch Muttersprachler.

Gommlich: Wir haben zwei Dinge parallel gemacht. Wir haben es zum einen in den Video-Konferenzen so gemacht, also die wieder genesenen Kollegen und ich, jeweils von zu Hause aus, dass wir praktisch jeden einzelnen Schüler vor uns hatten und mit ihm Prüfungsvorbereitung machen konnten. Wirklich jeden. Ich habe dafür ein Programm ausgearbeitet, das haben wir dann gemeinsam abgearbeitet und für den praktischen Teil dadurch Hilfestellung gegeben und wir haben parallel dazu noch Bestenförderung gemacht. In den Schulen geht es ja meist darum, alle mitzuziehen und da leisten nicht nur die Lehrer sondern die Besten auch ihren Beitrag, indem sie Schwächeren helfen, selber gehen sie aber oft leer aus.

Ufert: Der Bildungsansatz an Oberschulen ist derzeit mehrheitlich auf die Behebung von Defiziten ausgelegt, weniger auf Begabtenförderung. Wir haben aber eine steigende Anzahl von Schülern mit der Bildungsempfehlung für das Gymnasium, die sich bewusst an unserer Schule anmelden. Natürlich wollen wir auch diese Schüler optimal fördern und auf die Abiturstufe vorbereiten. Mit Klaus Gommlich haben wir einen Partner gewonnen, der diesen Ansatz unterstützt. Das Schulgesetz soll übrigens auch entsprechend modifiziert werden. Von einem Volksbegehren angeregt wird es Gemeinschaftsschulen geben und es soll eine „Oberschule Plus“ eingerichtet werden, die unter anderem darauf ausgelegt ist, Begabte mehr zu fördern und die Lücke zur Abiturstufe kleiner zu machen.

Gommlich: Wir haben jeden Interessierten eingeladen, jeden Donnerstagabend im Beisein von mir und einem Muttersprachler in kleinen Gruppen mit drei Schülern jeweils eine Stunde lang zu sprechen. Für mich war es schön zu sehen, wie die Arbeit in kleinen Gruppen zum Erfolg führen kann. Für die Meisten ist Englisch ein Unterrichtsfach und noch kein Mittel zur Kommunikation. Hier stößt Unterricht einfach an Grenzen, die wir durch die neue Form aufbrechen. Wir schaffen den Schritt zur Kommunikation am besten durch Authentizität. Das Reden mit Muttersprachlern ist deshalb eine wichtige Hilfe. Sprache ist etwas Lebendiges. Es ist nicht die Wiedergabe eines Lehrbuchs.

Ufert: Wir würden uns freuen, wenn uns Klaus Gommlich weiter zur Verfügung stehen würde. Der Förderbescheid zur GTA Finanzierung für das kommende Schuljahr ist bereits eingegangen.

Gommlich: Das möchte ich gerne so weiter machen, deshalb habe ich bereits mit den zwei Kolleginnen gesprochen, die nächstes Jahr die Zehnten unterrichten werden. Wir haben das Projekt bereits für die neuen Abschlussklassen übernommen.

Ufert: Der jetzige Zehnerjahrgang war ohnehin ein leistungsstarker. Ich muss dennoch sagen, nachdem ich ca. zwei Dritteln der mündlichen Prüfungsteile miterlebt habe, dass eine Steigerung im Sprachvermögen der Schüler spürbar war. Daran hat Klaus mit Sicherheit einen Anteil. (An Klaus Gommlich direkt gerichtet): Klaus, ich kenne nur wenig Menschen, die Personengruppen so genau analysieren und zielgerichtet fördern können, wie Du das machst – ganz großen Respekt!

RAZ (ebenfalls direkt an Klaus Gommlich gewandt): Also ich fasse mal zusammen: Schüler und Lehrer schätzen sich glücklich, Sie hier zu haben. Das betrifft die Reise ebenso wie den Unterricht. Aber wie kamen sie überhaupt mit dieser Schule in Verbindung?

Klaus Gommlich: Das geschah über Umwege. Es war so 2005/2006. Da habe ich im Radeburger Anzeiger Anzeigen geschaltet, dass wir im Gasthof Bärnsdorf für Einwohner von Radeburg und Umgebung Englischunterricht von Muttersprachlern anbieten. Den Unterricht habe ich also nicht selbst gemacht, sondern den machten Muttersprachler. Das waren meine Lehramtsstudenten, überwiegend aus den USA, die an der TU Dresden ausgebildet wurden, um weltweit Englisch als Fremdsprache zu unterrichten. An dem Unterricht nahmen auch Lehrer aus Radeburg teil um sich weiterzubilden. Dadurch war im Prinzip schon die Verbindung hergestellt. Enger wurde die Beziehung dann, als wir aufgrund des Einzugsgebietes einen zentraleren Ort suchten. Es kamen ja auch viele Teilnehmer aus Ebersbach. Zunächst wollten wir in die Seniorenbegegnungsstätte, aber eines eher zufälligen Dreiergesprächs mit Bürgermeisterin Michaela Ritter hatte Michael Ufert dann vorgeschlagen, es doch in der Zilleschule zu machen. So blieb es dann, bis 2017 das Programm mit den Studenten auslief. Der Kontakt blieb aber trotzdem erhalten, weil ich ein Jahr zuvor von Daniela Ufert angefragt wurde, ob ich nicht Unterrichtsvertretung machen könnte. Ich habe erstmal spontan abgelehnt, weil ich mit meinen Studenten mehr als gut ausgelastet war. Sie war aber sehr überzeugend und so habe ich schließlich Ja gesagt. 2017 wurde dann eine regelmäßige Vertretung in Krankheitsfällen daraus…

RAZ: Also mal den kleinen Finger gegeben und dann hatten sie den ganzen Arm…

Klaus Gommlich: Ja, seitdem bin ich Vertretungslehrer hier und springe ein, wenn mal ein Kollege oder eine Kollegin für längere Zeit ausfällt.

RAZ: An der Stelle mal eine Frage an den Schulleiter. Wie wird jemand Vertretungslehrer?

Michael Ufert: Es gibt Bundesländer, da sind Vertretungslehrer fest angestellt und „springen“ von Schule zu Schule, so, wie Bedarf gemeldet wird. In Sachsen ist das nicht so, aber es gibt einen Pool, der nennt sich „Unterrichtsversorgung“. In dem Pool befinden sich Lehrer, die im Ruhestand sind oder Lehramtsstudenten, die ein halbes Jahr Überbrückungszeit haben, weil sie auf ein Referendariat warten oder andere pädagogisch geeignete Personen. Diese werden bezüglich ihrer Eignung polizeilich, fachlich und pädagogisch geprüft und werden dann in den Pool aufgenommen und erhalten für jeden Einsatz einen konkreten Arbeitsvertrag. Genau diesen Weg sind wir mit Klaus Gommlich gegangen.

Es ist kompliziert, erst mal bis dahin zu kommen, dann braucht es aber immer noch mal drei bis vier Wochen Vorlaufzeit, um ihn für eine konkrete Zeit zu beschäftigen. Das ist alles leider sehr bürokratisch. Wenn sich ein Kollege z.B. das Bein bricht und dann fünf Wochen ausfällt, habe ich den Vertretungslehrer frühestens nach drei Wochen.

RAZ: Aha. Das System funktioniert dann eigentlich nur mit einer Schwangerschaft…

Michael Ufert: Mit Schwangerschaft oder zum Beispiel einer planmäßigen OP, Reha oder bei Kuren. Ansonsten, bei jedem anderen längeren Ausfall gehen drei bis vier Wochen verloren, obwohl der Vertreter verfügbar ist. Beim letzten Einsatz hatte es aber trotz planmäßig angekündigter OP nicht geklappt.

RAZ: Wie kam das?

Bürokraten und Cornonahelden

Michael Ufert: Am Freitag, dem 13. März, lag der Arbeitsvertrag unterschriftsreif beim Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) auf dem Tisch. Am Wochenende wurde der Lockdown für die Schulen ausgerufen und der noch nicht ausgehändigte Vertrag wurde zurückgezogen. Am Montag fiel unsere zweite Englischlehrerin gesundheitsbedingt aus, so dass ich mit Beginn der Coronamaßnahmen faktisch keinen Englischlehrer für die Abschlussklassen mehr hatte. Da Klaus ja auch online fit ist, hätte er sofort den Unterricht für alle drei Zehner übernehmen können, aber das LaSuB ließ sich trotz meines nachdrücklichen Intervenierens nicht erweichen, noch zu unterschreiben.

RAZ: War das das billige Ermessen eines einzelnen Beamten oder muss man das so sehen, dass es rechtlich ausgeschlossen war?

Klaus Gommlich: Also es war so gewesen. Ich hätte am Donnerstag oder Freitag schon unterschreiben können, aber am Donnerstag hatte ich eine andere Lehrveranstaltung, am Freitag konnte der Beamte nicht. So einigten wir uns auf Montag. Hätte ich gewusst, was kommt, hätte ich alles darangesetzt, an dem Tag noch zu unterschreiben. Aber am Montag saß ich dann dort vor dem Büro und alle sind hin und her geflitzt, was sie denn nun mit mir machen sollen. Nach längerem Hin- und Her kam dann die Ablehnung.

RAZ: Also wenn ich der Beamte gewesen wäre, hätte ich gesagt, komm, wir schreiben das Datum vom Freitag darunter…

Klaus Gommlich: Tja…

Michael Ufert: Ja. Wir hatten zu dem Zeitpunkt bereits drei Wochen auf den Vertrag gewartet. Ich habe über meine Kanäle auch noch mal interveniert und auf die besondere Ausfallproblematik hingewiesen. Der Vorgang wurde auch noch einmal geprüft, aber ohne anderes Ergebnis. Schlussendlich haben wir uns entschieden, Klaus Gommlich über uns zur Verfügung stehende GTA-Mittel (Mittel, die Schulen für so genannte Ganztagsangebote zur Verfügung stehen – d. Red.) zu bezahlen. Wir haben gesagt, wir brauchen mindestens in den Prüfungsklassen den Unterricht.

Wir haben als Schulleitungsverband, dessen Vorsitzender ich bin, inzwischen das Verfahren im Ministerium thematisiert. Dass eine Person gründlich auf Eignung überprüft wird, sollte die Aufgabe des LaSuB (Landesamt für Schule und Bildung – d. Red) bleiben. Dabei muss auch der Personalrat des LaSuB zustimmen. Aber wenn eine Person einmal in dem Pool ist, dann sollte die Schulleitung schnell und unbürokratisch zusammen mit dem Personalrat der Schule entscheiden können, wenn eine Vertretung gebraucht wird.

RAZ: Von den Schülern der 10. Klassen war zu hören, dass sie jedenfalls sehr glücklich waren, dass ihr so eine tolle Lösung dann doch noch gefunden habt. Eigentlich müsste man Euch mit dem Hashtag #Coronahelden versehen. Aber mir brennt die ganze Zeit noch eine andere Frage unter den Nägeln. Herr Professor Gommlich, Sie nannten die Studenten aus den USA und aller Welt eingangs „meine Studenten“…

Wie ein Bärnsdorfer trotz Heimweh Professor in den USA wurde

Klaus Gommlich: Ich war 23 Jahre lang Professor für angewandte Sprachwissenschaft an der Kent State University In Ohio. Während dieser Zeit habe ich einige Programme entwickelt und eines der Programme war das Programm „Teaching English as a Foreign Language“ in Zusammenarbeit mit der TU Dresden. Dadurch haben wir 15 Jahre lang Studierende von Kent an die TU gebracht. Die TU war unser Gastgeber, die Studenten haben im Studentenwohnheim gewohnt, hatten das gesamte Umfeld zur Verfügung, konnten uns aber komplett selbst organisieren.

RAZ: Dass die TU Dresden als Partner gewonnen werden konnte, war auch Ihre Initiative?

Klaus Gommlich: gemeinsam mit einer ehemaligen Kollegin aus meiner Zeit in Leipzig, die Professorin für angewandte Sprachwissenschaften an der TU war. Mit ihr habe ich, wenn ich mich richtig erinnere 1997, den Vertrag über die Zusammenarbeit der Universitäten erarbeitet. Die Studenten haben dann ihre Praktika an 10 verschiedenen Oberschulen und Gymnasien durchgeführt. Ich bin dann 2013 in den Ruhestand gegangen und habe das Programm in Dresden im Auftrag der Kent State University noch bis 2017 weitergeführt und dann hat Kent sich entschlossen, alle Auslandsprogramme nach Florenz zu verlagern.

RAZ: Ich frage jetzt mal für die Leser die es noch nicht wissen:  wie kamen Sie ausgerechnet auf das Gasthof Naumann in Bärnsdorf, um dort Studenten Unterricht machen zu lassen?

Michael Ufert: Klaus Gommlich entspringt ja dem Gasthof Naumann…

Klaus Gommlich: Damals hieß es ja noch Gasthof Bärnsdorf, meine Eltern haben ihn geführt. Ingrid Naumann, die leider schon verstorben ist, ist meine Schwester. Sie war mit Ingrid Naumann die nächste Generation im Gasthof. Die jetzigen Inhaber, Ines und Tilo Naumann, sind mein Neffe und seine Frau.

RAZ: Und wie kommt nun ausgerechnet ein Bärnsdorfer Junge an die Kent State University?

Klaus Gommlich: Über die Universität Leipzig. Ich habe in Leipzig studiert, promoviert und habilitiert. Während der Zeit hatte Leipzig als eine der wenigen Universitäten im Osten einen Vertrag über eine Zusammenarbeit mit einer Universität in den USA, in dem Fall mit der Kent State University. So hatten uns ständig Leute von da besucht und von uns durften auch ausgewählte Leute da hinfahren. Es wurden gemeinsame Programme entwickelt und mit einem Kollegen aus Kent hatte ich auch gemeinsam publiziert. Eine Woche nach dem Mauerfall rief er mich an…

RAZ: eine Woche!

Klaus Gommlich: Ziemlich genau eine Woche. Es muss um den 15. November 1989 herum gewesen sein. „Jetzt, da Du ja kannst… Wir wollen Dich gerne haben als Gastprofessor für ein Jahr. Wir können eine Stelle nicht besetzen und dachten da an Dich…“ Erst mal habe ich mich ein bisschen geziert, aber mein damaliger Chef hat gesagt: das ist eine Ehre, das muss man machen. Naja, und aus dem einen Jahr sind dann 23 geworden.

RAZ: Und der Einjahresvertrag wurde jedes Jahr verlängert?

Klaus Gommlich: Nein, nach einem Jahr wurde ich vom Dekan aufgefordert, mich doch selbst für eine feste Stelle zu bewerben. Ich hatte mich noch nie im Westen für eine Stelle beworben und hatte Gedacht: naja, die Erfahrung kannst Du schon mitnehmen und dann wurde mir tatsächlich die Stelle angeboten. Da wusste ich erst mal nicht, was ich machen sollte, weil ich ja nie mit dem Gedanken gespielt hatte, auszuwandern. Nie. Dafür hatte ich viel zu viel Heimweh.

RAZ: Natürlich sind Sie mit dem Gasthof verbunden und deshalb auch ein genialer Koch! Jedenfalls ist regelmäßig an Thanksgiving in Bärnsdorf der Festsaal voll, wenn es heißt: der Klaus Gommlich hat wieder was zubereitet. Sie haben das Kochen natürlich mit der Muttermilch bekommen, wie man so schön sagt…

Gommlich (lacht): Nein, ganz und gar nicht. Die Küche hat mich als Kind nicht interessiert und meine Mutter hat alles selber gemacht und keinen rangelassen. Mein Neffe, der durfte dann…

Es kam eigentlich durch die Gepflogenheiten in Amerika. Da wird man eingeladen und dann lädt man wieder ein und da ist es üblich, dass man für seine Gäste kocht. Das hat mich da erst angefangen zu interessieren. Durch meine vielen Reisen konnte ich natürlich viele Ideen aus allen möglichen Ländern aufgreifen und es hat sich dann tatsächlich zu einem Hobby entwickelt.

RAZ: Aber jetzt dürfen Sie in die Küche im Gasthof…

Gommlich: Natürlich. Also ich mache die Thanksgiving-Veranstaltung jedes Jahr sehr gerne und wenn mal Not am Mann ist, helfe ich auch aus. Wenn es Wünsche zu veganer oder vegetarischer Kost gibt, dann mache ich das auch oder stehe beratend zur Seite.

RAZ: Es ist so eine Angewohnheit, seit ich Interviews zum Beispiel zum Aschermittwoch führe, dass ich am Schluss immer frage: was hätten Sie gerne, was ich noch fragen sollte, aber bisher nicht gefragt habe…

Gommlich: Ob ich keine Zweifel habe bei dem, was ich als Lehrer mache. Das wäre so eine Frage. Und dann würde ich antworten: an allem ist zu zweifeln. Und ich zweifle sehr oft an dem, was ich mache. Man muss immer die Dinge hinterfragen die man macht. So versuche ich mich auch ständig anzupassen an die Interessen der Schüler und an die Gegebenheiten.  Es gibt keine 0815-Lösung, die immer und überall anwendbar ist. Letztendlich hat mich die Vertretungszeit in meiner Auffassung bestätigt, dass man die Schüler nur ganz individuell erreichen kann, nur, indem man auf jeden einzelnen eingeht. Ich habe gemerkt, dass das funktioniert und dass wir mit den Schülern ein ganz tolles Verhältnis aufgebaut haben. Das Unterrichten als Vertretungslehrer hat so viel Spaß gemacht und ich muss sagen, wäre es nicht so gewesen, hätte ich auch die Idee der Reise nicht weiterverfolgt. Es hat mir aber ganz viel Spaß gemacht,wir haben uns bestens verstanden, Lernerfolge stellten sich ein,  und so wurde auch die Reise ein tolles Erlebnis. Ich gebe das Kompliment zurück und danke auch den Schülern.

RAZ: Und ich danke Ihnen beiden herzlich für das Gespräch.

 

Einen Bericht der Schüler über die Amerika-Reise findet sich im aktuellen Jahrbuch der Zilleschule, das für 3€ im Sekretariat erhältlich ist.