Birkenpflanzung am Heroldstein

Haben Sie auch gelegentlich mit Menschen zu tun, die Radeburg und Radeberg verwechseln? Es passiert ja nicht selten. Sagen Sie demjenigen einfach: die Verwechslung hat schon mal ein Menschenleben gekostet und erzählen Sie dann die Geschichte, die am Heroldstein beschrieben wird, an dem vor Ostern der Kultur- und Heimatverein drei neue Birken gepflanzt hat.

Der Heroldstein ist ein beschaulicher Platz

Der Heroldstein ist ein beschaulicher Platz geworden, doch erzählt er eine traurige Geschichte.

Am Abend des 21. März stimmte eigentlich alles: Die Sonne verabschiedete sich im Westen mit aufregenden Farben, andernorts machte sich ein strahlender Mond auf die Reise, die Vögel jubilierten, ein laues Frühlingslüftchen sorgte für wohlige Temperaturen und ein erwartungsvoll gestimmtes Publikum war der Einladung des Kultur & Heimatvereis Radeburg e. V. zur Pflanzung von drei Birken auf dem „Heroldstein“ gefolgt.

Der Vereinsvorsitzende Jens Böhme begrüßte alle Teilnehmer, an ihrer Spitze die Radeburger Bürgermeisterin Michaela Ritter, mit herzlichen Worten und versprach allen ein spannendes und zugleich auch nachdenklich stimmendes Stündchen ganz besonderer Radeburger Geschichte. Zunächst aber sorgte der Chor des Vereins unter Leitung von Rita Richert für einen freudvollen Auftakt nach einer bekannten Melodie mit dem Lied: „Schon wieder blühen die Birken am schönen Heroldstein …“

In ihrem Vortrag ging die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Stadtgeschichte des Vereins, Irene Andrä, auf Hintergründe ein, die zur Aufstellung des später als Heroldstein bekannten Obelisken in Form einer abgestumpften Pyramide führten, der 1854 errichtet und seit den 1920er Jahren nachweislich von fünf Birken umstanden wurde, gegenwärtig waren es noch zwei.

Was war geschehen? Ein dreiundzwanzigjähriger Medizinstudent, Ernst Herold aus dem kurhessischen Marburg, setzte am 29. Januar 1852 seinem Leben durch Freitod ein Ende, als er erfuhr, dass das junge Mädchen, das ihm ewige Treue geschworen hatte und er es als seine Braut betrachtete, einen anderen heiraten wollte. Um das zu verhindern reiste er nach Sachsen. Die Trauung sollte in Radeberg stattfinden. Infolge einer Verwechslung, man hatte ihm in Dresden den falschen Weg gewiesen, kam er am Trauungstag in Radeburg an und erschoss sich hier im Zustand völliger Verzweiflung zwischen vierzehn und fünfzehn Uhr.

Stille und Nachdenklichkeit breitete sich aus, als Irene Andrä vor diesem Hintergrund das weite Thema Liebe berührte. Leben – Liebe – Tod, der Heroldstein erinnere mit seiner Geschichte an diesen Kreislauf, der am Beispiel des jungen Studenten ganz besonders, vielfältig und eigenartig sein kann. Und die Birken? Die der Göttin Freya geweihten Birken spielten einst im germanischen Volksglauben eine große Rolle und sind noch heute in aller Munde, z. B. als Symbol des Frühlings oder sie wecken mit dem zeitigen Grün ihrer Blätter Hoffnung. 

PS: Das aktuelle Heft der Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Radeburg über die Bahnhofssiedlung,

in dem auch die ausführliche Geschichte des Heroldsteins beschrieben wird, erhalten Sie bei Lederwaren Weser und in Kürze auch wieder im Heimatmuseum.

Akustisch meldete sich hierzu der Chor mit dem Lied „Der Winter ist vergangen, ich seh´ des Maien Schein“ … zu Wort. Schließlich summte man die Melodie auch mit und ließ es sich bei einem Gläschen Bier, Wein oder Limo und vorzüglich „handgemachten Fettbemmchen“ - ein herzliches Dankeschön an all jene, die sich hierzu verdient gemacht haben - wohl sein.

 

Was bleibt? Das war mal eine andere Seite aus dem reichen Geschichtsbuch der einstigen Ackerbürgerstadt Radeburg, vielleicht sogar ein bisschen Romantik. So etwas braucht es auch im Getriebe unseres immer hektischer und digitaler werdenden Alltages. Sagen wir es mit der Schlussbemerkung von Irene Andrä: Unsere Stadt hat mit den drei neu gepflanzten Birken - je eine wurde gesponsort von der Stadtverwaltung, dem Kultur & Heimatverein und den Anwohnern - einen bemerkenswerten Fleck bewahrt, einfach auch, um dort mal an- und innezuhalten, im Andenken an etwas zutiefst menschliches.