Rockmusiker der DDR erzählen von Stasiknast und Flucht aus der DDR am 23. November im Kulturbahnhof Radeburg

Drei Zeitzeugen berichten mit musikalischen und literarischen Mitteln über die Vorwendezeit.

Hartmut Rüffert und Dietrich Kessler

Hartmut Rüffert und Dietrich Kessler im Gespräch. - Foto: privat

Der Exodus von Künstlern aus der DDR, vor allem nach dem Verbot der Gruppe Renft 1975 und der Ausbürgerung des Dichters Wolf Biermann im November 1976 und den anschließenden Protesten von prominenten Künstlern, aber auch in der sonstigen Bevölkerung war eine wichtige politische Zäsur. Das in der DDR-Verfassung verbürgte Recht auf freie Meinungsäußerung und die Freiheit der Kunst empfanden immer mehr Menschen als eingeschränkt und fühlten sich gegängelt, bevormundet und nicht zuletzt Repressalien ausgesetzt. In den nächsten Jahren bis zum Mauerfall sahen sich nicht zuletzt zahlreiche Künstler gezwungen, das Land zu verlassen.

Drei Zeitzeugen berichten mit musikalischen und literarischen Mitteln über diese Zeit.

Die musikalische Buch-Vorstellung „Stasi-Knast“ von Dietrich Kessler und seinem Musikerkollegen Eberhard Klunker (Gitarre und Gesang), moderiert von dem Bürgerrechtler Hartmut Rüffert, war eine gut besuchte Veranstaltung während der Leipziger Buchmesse am 23. März 2024. 

Dieses Format kommt nun am Samstag, 23.11.2024, 20.00 Uhr in den „Kulturbahnhof Radeburg“. (Eintritt 5,-€)

Dietrich Kessler (Jg.46) wurde 1972 Chef der damals schon bekannten Ostrockband Klosterbrüder, 1975 umbenannt in Gruppe Magdeburg. Ihre Titel „Was wird morgen sein“, Wenn ich zwei Leben hätt“, „Vorsicht Glas“ und „Verkehrte Welt“ erreichten erste Plätze in Wertungssendungen des DDR-Rundfunks. Jedoch verweigerte der Tonträger-Monopolist AMIGA kontinuierlich einen Plattenvertrag, entsprechend gab es auch keine Veröffentlichung im Westen, wie es für „staatsnahe“ Künstler in dieser Zeit Gang und Gäbe wurde. Dazu kamen zahlreiche Gängeleien, wie zum Beispiel das lächerliche Ansinnen, sich die langen Haare vor einem Fernsehauftritt abzuschneiden. Irgendwann hatten die Jungs einfach von all dem die Nase voll.

Die Band stellte 1981 einen gemeinsamen Ausreiseantrag. Mehr als 600 000 Menschen verließen zwischen Mauerbau und Mauerfall die DDR. Aber so ein kollektiver Antrag war ein einmaliger Akt. Die Folgen waren Berufsverbot und Stasiknast. 1984, nach 16-monatiger Haft, wurde Dietrich Kessler, wie ab 1979 viele Schicksalsgenossen, vom Westen freigekauft. 

Eberhard Klunker (Jg.52) begann seine Profi-Laufbahn als Gitarrist bei der Modern Soul Band. Er arbeite mit vielen bekannten Künstlern in der DDR zusammen, darunter Klaus Lenz, Uschi Brüning, Veronika Fischer und Hansi Biebl. Seine Flucht im Schlauchboot über die Ostsee im Sommer 1975, gemeinsam mit dem Gitarristen Olaf Wegener, war eine spontane Eingebung, einfach der Sehnsucht nach Freiheit geschuldet. Einen Monat später folgte das Verbot der damals prominentesten kritischen Rockband der DDR, der Gruppe Renft.

Hartmut Rüffert (Jg.65) entwickelte sich vom Fan der Gruppe „Magdeburg“ zum DDR-Oppositionellen, war aktiv im Neuen Forum Borna und beteiligt sich seit der Wende an mehreren Aufarbeitungsinitiativen (auch privaten, wie dieser) und ist Herausgeber entsprechender Publikationen. Als Baubetreuer im Bereich Denkmalschutz ist er bestrebt, Erinnerungen auch in materieller Form wach zu halten. 
Die Musikalische Lesung wird mitfinanziert durch den Sächsischen Landtag.