In einer Pressemitteilung vom 5. März informiert das Sächsische Oberverwaltungsgericht darüber, dass die Nächtliche Ausgangssperre und der "15-Km-Umkreis" höchstwahrscheinlich rechtswidrig sind und setzt sie vorläufig außer Vollzug. Zwar sind diese Regelungen aufgrund niedriger "Inzidenzen" derzeit ohnehin außer Kraft, das Gericht sieht aber die Gefahr, dass aufgrund wieder steigender "Zahlen" erneut von diesen fragwürdigen Verboten Gebrauch gemacht werden könnte.
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) hat seinen Sitz auf der Ortenburg in Bautzen. Foto: Stephan M. Höhne wikimedia commons
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren den gesamten § 2c (Ausgangssperre) der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung (SächsCoronaSchVO) und die "15-km-Bechränkung" (§ 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 19) vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Die Ausgangssperre betrifft den Zeitraum zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Das Verlassen der Unterkunft ist in dieser Zeit nur aus näher genannten triftigen Gründen zulässig. Auch in der übrigen Zeit (Ausgangsbeschränkung) ist das Verlassen der Unterkunft ohne triftigen Grund untersagt. Das Gericht befand, dass dass die "triftigen Gründe ... jedoch vielgestaltiger (sind) als in der Verordnung aufgezählt." Unter anderem gelten "Sport und Bewegung im Freien im Umkreis von 15 Kilometern des Wohnbereichs oder der Unterkunft als ein triftiger Grund zum Verlassen der Wohnung".
Nach Auffassung des Gerichts erweisen sich diese Regelungen "voraussichtlich als rechtswidrig, da sie nicht den Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes entsprechen. Nach dem Infektionsschutzgesetz sind Ausgangsbeschränkungen nur zulässig, wenn bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 erheblich gefährdet wäre. Für die ausgangsbeschränkenden Regelungen der aktuellen Corona-Schutz-Verordnung wurde jedoch ... eine konkrete Begründung nicht mitgeteilt." Noch in der vorhergehenden Verordnung wurde "zur Begründung der Inzidenzwert von über 300 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen und die damit einhergehende Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens sowie die konkrete Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung" als Begründung angeführt. In der beanstandeten Neufassung wurde diese Begründung nicht übernommen und auch keine neue Begründung gegeben. Der aus fünf Richtern zusammengesetzte Senat Urteilte: "Es ist nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber im Vorfeld des aktuellen Verordnungserlasses die Notwendigkeit der weiteren Anordnung von Ausgangsbeschränkungen bewertet hat."
Quellen:
OVG sieht Schließung von Geschäften mit Kundenverkehr als "voraussichtlich rechtens" an
Auch die Quarantäneverordnung möchte des OVG vorläufig nicht außer Kraft setzen
In der oben verlinkten Pressemitteilung wird weiterhin ausgeführt, dass ein Textileinzelhandelsunternehmen mit seinem Versuch gescheitert ist, die Schließung von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften und Gastronomiebetrieben ( § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO) vorläufig außer Kraft setzen zu lassen. Der Senat ist der Meinung, "diese Schließung sei voraussichtlich rechtlich nicht zu beanstanden."
Vorläufigen Rechtsschutz erhalten auch Personen nicht, die gegen die Sächsische Corona-Quarantäne-Verordnung geklagt hatten. Der Senat ist der Meinung, daß die Frage, "ob die Sächsische Corona-Quarantäne-Verordnung mit höherrangigem Recht vereinbar ist, erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden (kann)". In einem bereits Anfang Februar durchgeführten Eilverfahren konnte die Frage der Rechtmäßigkeit der Verordnung ebenfalls "nicht abschließend geklärt werden." Der Senat hat daher eine sog. Folgenabwägung vorgenommen. "In dieser überwogen die für die vorläufige Außervollzugsetzung sprechenden Gründe nicht deutlich gegenüber den gegenläufigen Interessen. Dies gilt auch in Bezug auf die besonderen Härten, denen Personen ausgesetzt sind, die sich in einem Virusvarianten-Gebiet (hier: Tschechien) aufgehalten haben," so das Gericht.