Lag es am Gegner?
Delitzsch hat eine über hundertjährige Handball-Tradition. Der 1994 neu gegründete Verein stieg in der Saison 1995/96 als Sachsenmeister mit 52:0 Punkten in die Regionalliga auf. 1997/98 folgte der Aufstieg in die 2. Handball-Bundesliga, ehe mit dem Aufstieg 2004/05 in die höchste deutsche Spielklasse der bisher größte Erfolg der Vereinsgeschichte verbucht werden konnte. Nach sofortigem Wiederabstieg spielte Concordia in der zweiten Handball-Bundesliga Süd bis zur Insolvenz der Betreibergesellschaft im Mai 2010 und dem folgenden Verzicht auf das Startrecht in der 2. Liga in der Saison 2010/2011. Danach trat man als neu gegründeter NHV Concordia Delitzsch in der Sachsenliga an. In dieser Saison wurde das Ziel ausgegeben, wieder den Weg nach oben anzutreten und bis kurz vor Jahresende schienen daran auch keine Zweifel zu bestehen.
Nach zwei Ein-Tor-Auswärtsniederlagen gegen die Verfolger Hoyerswerda und Görlitz verloren die Westsachsen aber die Tabellenführung an Radeburg, das eine spektakuläre Saison ohne Niederlage hingelegt hatte.
Wie verbissen die Delitzscher um den Aufstieg kämpfen war in der Konsequenz zu sehen, die diese zwei Niederlagen hatten: der Chefcoach Michael Schneider wurde entlassen. Teammanager Christian Hornig reaktivierte den ehemaligen Erstligisten Stefan Voigt und gab damit der Mannschaft einen Mann ins Team, der Selbstvertrauen zurückholen konnte. Der 41-jähre trug sich zwar nicht in die Scorerliste ein, aber eine moralische Wirkung wird man ihm nicht absprechen können.
„Unsere Abwehrarbeit war der Schlüssel zum Erfolg,” sagte Christian Hornig. Wer gesehen hat, wie die Westsachsen zeitweise mit zwei, drei Mann dem Kreisspieler Robert Düsel an Hemd und Hose hingen, dem musste klar werden, was der NHV-Boss als Devise ausgegeben hatte: das ist ein Endspiel! Zu großer Form aufgelaufen war Torhüter Gabor Pulay, der in einer Phase Mitte der zweiten Halbzeit, als Radeburg mehrmals die Chance hatte, auf zwei Tore heranzukommen, Kontertore verhinderte. Das kann spielentscheidend gewesen sein, weil Radeburg mit der zweiten Luft, wie so oft im letzten Jahr, sich dann wohl noch mal aufgebäumt hätte.
Lag es am Team?
Zumindest unter den Zuschauern ist man zu dem Schluss gekommen, dass es eine geschlossene Mannschaftsleistung war. Eine zum Vergessen. Die Tiedemänner wirkten weder munter noch motiviert – und das in allen Mannschaftsteilen. Dabei hätten sie allen Grund gehabt, mit stolzgeschwellter Brust in die Partie zu gehen, denn wer hätte dem Underdog vor der Saison zugetraut, zur Saison-Halbzeit an der Tabellenspitze zu stehen und um den aufstieg mitzuspielen?
Ob nun selbst gemachter Erwartungsdruck eine Rolle spielte, müssen die Spieler selber beantworten. Im Gegensatz zu Delitzsch sind die Erwartungen von außen jedenfalls nicht so hoch gesteckt, dass etwas anderes in den Köpfen eine rolle spielen sollte als mit Spielfreude und Ehrgeiz sein Können zu zeigen und die große Anhängerschar zu begeistern.
Jeder weiß, dass die Tabellenführung auch glücklich war – mit knappen Ergebnissen, die auch anders hätten ausgehen können. Jenes Quäntchen Glück hat diesmal auch gefehlt und damit auch eine Tordifferenz produziert, das vielleicht um das eine oder andere Tor zu hoch ausgefallen ist.
Taktisch war es natürlich richtig, aufgrund des Rückstandes zur Halbzeit, mehr Risiko im Angriff zu spielen, wodurch sich für Delitzsch dann aber mehr Konterchancen ergaben.
Lag es an den Schiris?
Die ersten drei strittigen Entscheidungen der Schiris fielen gegen Radeburg aus und brachten die Jungs anscheinend früh aus dem Konzept. Ansonsten bleibt den Unparteiischen nur zu bescheinigen, dass sie keine „Heimschiedsrichter” waren.
Handball ist ein schneller Sport und es ist in Bruchteilen von Sekunden zu entscheiden, ob Stürmer- oder Abwehrfoul, ob im Kreis oder noch in der Luft u.a.m. Dass die Schiris der 8. und 9. Gegner sind, muss, wenn es überhaupt in den Köpfen ist, schnell da raus, auch bei den Fans.