Wie immer wurde der Saisonauftakt vom Radeburger Carnevals Club in eine kleine Geschichte gepackt. Diesmal wollte eigentlich ein gewisser Roland Kaiser die Herrschaft über das Närrische Reich übernehmen, doch Prinzessin Hanna I. und Prinz Quentin I. waren damit überhaupt nicht einverstanden, obwohl Hanna meinte: „Nunja, Kaiserin wäre auch nicht schlecht.” Aber dann bekannte sie, dass ihr Herz nur für Rabu schlägt: „Karneval in Köln und Hessen, das kannst du wirklich voll vergessen. Büttenreden und solche Sachen, wer soll darüber denn schon lachen?” Und ihr Prinz bestätigte: „Ach mein Herz, Du hast völlig Recht, Fasching ist nur in Radeburg echt.” Wirklich? Beim Abendprogramm sollte eigentlich das „große” Prinzenpaar gekürt werden, aber was war das? Da staunten die Kinder erst mal nicht schlecht als sich ein Plagiat des Prinzenpaars der Vorsaison auf der Bühne zeigte. Aber April April – oder sollte man sagen. November November? Das „echte” Prinzenpaar hatte sich, von Schirmen verdeckt, auf die Bühne geschlichen und übernahm alsdann auch Ihre Lieblichkeit Prinzessin Laura I. mit Prinz André I. an Ihrer Seite die Schirm-Herrschaft über die 59. Saison.
Auf dem „Schirm” hatten sie beim alljährlichen Tollitäten-Raten wohl nicht so viele. Nicht einmal gestandene Narrenpolizisten waren auf André gekommen, der erst in der vergangenen Saison deren Uniform an den Nagel gehängt hatte. In den Rate-kreisen war man sich immerhin einig, dass es diesmal wieder ein Radeburger sein würde, nachdem Präsident Olaf Häßlich bei der Paarauswahl zuletzt in den Dörfern Ausschau gehalten hatte.
Aufgrund der bis hier gemachten Erfahrungen mit Plagiaten schaltete sich nunmehr der PÜV ins Geschehen ein. Die Elferräte Holger Umlauft und Matthias Lange schlüpften in die Rollen der Kontrolleure vom Plagiate-Überwachungs-Verein, der sicherstellen sollte, dass zur Olympiade der Plagiate aus Radeburg eben KEINE Plagiate, sondern nur Originale kommen. Und dass das gelingen würde, daran bestand schon nach der ersten Nummer kein Zweifel mehr. Gegen Drachen kämpfende Urgermanen kennt man schon und Chinesen mit ihren Glücksdrachen auch. Aber Germanen, Drachen und Chinesen am Stück – da kommt man nur in RaBu drauf! Die Zickezacke-Jungs hatten eine Dingsda, äh, Nummer erfunden, wo Kinder einen Begriff erklären, den man dann raten soll. Es handelt sich dabei natürlich voll um ein Original, denn alle Begriffe handelten von Radeburger Originalen – unter anderem Radeburgs höchste Würdenträgerin, eine Band, die es immer wieder versucht und eine Dreisterne-Wurstprofessor waren zu erraten. Die große Schülergarde erfand einen Tanz auf in gepunkteten Röcken, mit Petticoat und Turnschuhen, so voll cool aus und ja, haben DIE Mädels SO auch noch nie gemacht. Also auch voll das Original.
Die Elferräte gaben alsdann einen wirklich Problematischen Fall zum besten: Unsere Wochentage. Ist da nicht einer wie der andere oder zumindest: wiederholen die sich nicht ständig? Die Selbsthilfegruppe der Wochentage hatte es in sich: Auf den ersten Blick schien es der Sonnabend am besten zu haben, denn der hatte den ganzen Tag frei und ging abends immer feiern. Der Sonntag hatte dann meistens einen Kater und der Montag – ja der hatte das ganze Elend der übrigen Woche vor sich. Also ein klare Fall für die Psychologen und schwieriger für den PÜV. Aber schließlich gaben sie doch das O.K. für die Originalität, denn dass nicht ein Tag wie der andere ist, war dann doch zu erkennen.
Die Gardemädels traten dann hardrockmäßig an. Die eine Hälfte bekopftucht, die andere im Punklook. Gab es alles schon. Aber in dieser Kombination? Nö. Niente. Never. Originalstempel drauf und ab zur Olympiade! Wo Olympia eine Rolle spielt, kann man aber auch Doping nicht aussparen. Die Zickezackejungs bedienten sich ihrer bewährten Schwarzen Kunst, um dieses Thema dem staunenden Publikum nahezubringen. War das jetzt neu? In der Offenheit, wie hier dieses Thema enttabuisiert wurde, wohl schon. Ab zur Olympiade, denn dort ist schonungslose Aufklärung notwendig!
Ganz ohne Migrationshintergrund kommt inzwischen auch der Fasching nicht mehr aus. Begeben wir uns noch mal in das Fleischerfachgeschäft und beobachten wir das multikulturelle Zusammenwachsen. Sagt der Kunde mit muslimischen Essgewohnheiten, er soll für seine Familie Kassler mitbringen. „Aber nicht vom Schwein.“ Sagt der Fleischfachverkäufer: „Wir haben Kassler vom Original-Kasslertier. Direkt aus dem arabischen Regenwald. 60 cm hoch und zottiges Fell.“ Fragt der Moslem: „Willst du mich verarschen?“ Darauf der Fleischerfachverkäufer: „Wer hat denn angefangen?“ - Natürlich hat es auch das Original-Kasslertier zur Olympiade geschafft!
Einen besonderen Schlusspunkt unter das Programm setzte Olaf Häßlich. In der Zwischensaison war er gesundheitlich angeschlagen, so dass er kürzer treten musste. Mit der Melodie der Saisonhymne – Puhdys Rockerrente – klingt dann irgendwie auch der Wunsch durch, der Präsident möge am Steuer bleiben. Bis zur Narrenrente halt. Zwar ließ er sich den zeremoniellen Teil – die Schlüsselübergabe, die Krönungen usw. nicht nehmen, aber er war das erste Mal seit 34 Jahren nicht beim Programm mit auf der Bühne. „Es ist schon ein Erlebnis, das Ganze aus der Zuschauerperspektive auch mal genießen zu können,” sagte er sichtlich gerührt. „Ich verstehe schon, warum ihr klatscht,” und an die närrischen Akteure gewandt: „Dankeschön!” „Der schöne Fasching in unserem Städtchen” - nach der Melodie von „Die kleine Kneipe in unserer Straße” - gab er alsdann zum Besten, um seine Gefühle auszudrücken. Bei der ersten Prunksitzung war das Publikum noch etwas „gesetzter”, bei der zweiten und dritten Prunksitzung gab es für die auf RaBu so wunderbar zugeschnittene Nummer dann die verdienten Zugabe-Zugabe-Ovationen. Fasching in Radeburg – das ist einfach nicht kopierbar!
Die erneut ausverkaufte Reloaded-Party, die nun schon traditionelle Sitzungs-Alternative für die närrische Jugend, rundete den Start in die 5. Jahreszeit ab. Weiter geht es am 9. Januar mit dem nun schon traditionellen Rockfasching und dann geht es ohne freies Wochenende, Schlag auf Schlag auf die Tollen Tage zu. Schon Anfang Februar wird der Markt wieder überdacht. Präsident Olaf Häßlich baute Missverständnissen vor: „Bei diesem Zelt handelt es sich nur um ein Süchlings-Lager!“ Am 5.2. gibt’s darin die Megaparty, am 6.2. das Remmidemmi und am 7.2. ist schon der Faschings-Unzugs-Sonntag. Am Rosenmontag wird es schon wieder abgebaut. Am Faschingsdienstag ist die große Umzugsauszeichnungsveranstaltung im Hirsch und 0:00 Uhr Aschermittwoch ist die feierliche Entkrönung mit Schlüsselrückgabe an die Bürgermeisterin. Nach dem Aschermittwochskater ist dann schon wieder alles vorbei.
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